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Er litt unter einer Nazi-Lehrerin und wollte es selbst besser machen

Otger Eismann aus Friesoythe schreibt in seinem neuen Buch "Erfülltes Leben" über sein Arbeitsleben als Lehrer. Und über den steinigen Weg dorthin.

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Eine der selbstgemalten Kacheln über seinem Kamin ist das Titelmotiv auf dem neuesten Buch von Otger Eismann. Foto: Götting

Eine der selbstgemalten Kacheln über seinem Kamin ist das Titelmotiv auf dem neuesten Buch von Otger Eismann. Foto: Götting

Nichts ist beständiger als sein „Unruhestand“ – und so dürfte es in Friesoythe wohl kaum jemanden wundern, das der bekannte Lehrer und Diakon Otger Eismann ein weiteres Buch herausgebracht hat. Es wurde mit einer Auflage von zunächst 200 Exemplaren in der Druckerei Schepers hergestellt und kostet 15 Euro. „Das soll mein letztes Buch sein,“ verkündet der rüstige Jubilar, der nach einer schweren Erkrankung wieder vollständig genesen ist und im Mai seinen 90. Geburtstag feierte.

Schwer zu schaffen macht ihm aber immer noch der Verlust seiner Ehefrau Maria, die im Oktober des vergangenen Jahres verstarb. An sie muss Eismann oft gedacht haben, als er die Zeilen für sein 170 Seiten starkes Buch verfasste. „Sie hat mich völlig selbstlos unterstützt und mir damit erst den Wechsel in den Lehrerberuf ermöglicht“, erinnert sich der frühere Konrektor dankbar.

Sein großer Traum: Lehrer werden

Eismann hatte bereits von 1949 bis 1952 eine Lehre zum Industriekaufmann absolviert und war danach in verschiedenen Textilfabriken als Verwaltungsangestellter tätig. Doch seinen Traum, einmal Lehrer zu werden, hatte er nie aufgeben – es fehlte allerdings am notwendigen Bildungsabschluss und am Kapital für das Studium. Bei einem mächtigen Krach mit seinem früheren Arbeitgeber sei er in seiner Ehre gekränkt worden, berichtet Otger Eismann lebhaft. Doch seine Frau habe ihn abends getröstet und auf einen Zeitungsartikel der Volkshochschule hingewiesen.

Dort wurde ein 2-jähriger Kurs zur Erlangung der Hochschulreife angekündigt. Dieser Hinweis machte sein Traum vom Lehrerberuf wieder so präsent, dass er sich prompt anmeldete. Der Traum war übrigens eher ein Trauma – Eismann hatte jahrelang unter einer Nazi-Lehrerin und deren Rohrstockschlägen gelitten und nahm sich vor, irgendwann ein besserer Lehrer zu werden.

Mit drei Kindern und 1600 Mark ins Studium

Im Jahr 1968, mit inzwischen 35 Jahren, erlangte Eismann die Hochschulreife in Abendseminaren. In dieser Zeit führte er ein denkwürdiges Gespräch mit seiner Frau über die Absicht, ein Studium aufzunehmen. Damals verdiente er 1600 Mark im Monat und die Familie Eismann hatte bereits 3 Kinder.

„Meine Frau und die Kinder mussten gewaltige Einschränkungen auf sich nehmen, damit ich meinen Traum verwirklichen konnte“.

Otger Eismann (90) aus Friesoythe

Die Perspektive für die Familie war nicht gerade rosig: In den 3 Jahren des Studiums musste sie mit 800 Mark im Monat zurechtkommen, andere Möglichkeiten gab es nicht. „Meine Frau und die Kinder mussten gewaltige Einschränkungen auf sich nehmen, damit ich meinen Traum verwirklichen konnte,“ erinnert sich der heutige Pensionär dankbar. Und so ist er ihr bis heute dankbar für den entscheidenden Satz:

Sein neues Buch "Erfüllte Zeit" erscheint

„Wenn Du meinst, dass Du in diesem Beruf glücklich wirst, dann sage ich Ja zu Deinem Vorhaben“. Das Studium der Pädagogik und der katholischen Religion in Münster von 1968 bis 1971 lief wunschgemäß ab, 1972 folgte das zweite Staatsexamen. Und so ist es wohl kein Wunder, dass Otger Eismann sein neuestes Buch „Erfüllte Zeit“ seiner Frau und seinen 3 Kindern gewidmet hat. Geschildert wird die „zweite Schulzeit“, wie der langjährige Diakon die Spanne von 1968 bis 1997 nennt. Auch sein Verständnis vom Lehrerberuf macht er deutlich. „Wer Menschen gewinnen will, muss sein Herz Pfand geben“, zitiert er ein Wort des Gesellenvaters Adolph Kolping.

In all den Jahren seines pädagogischen Wirkens habe er den anvertrauten Kindern nicht nur trockenes Wissen vermitteln, sondern ihnen mit offenem Herzen eine liebevolle Vertrauensbasis geben wollen, um erfolgreiches Lernen möglich zu machen. Bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand wurde ihm attestiert, seinen Beruf „gelebt“ zu haben.

Mit seinem neuesten Buch, das bei Schepers in Friesoythe erhältlich ist, lädt Otger Eismann seine Wegbegleiter und früheren Schüler zu einem Rückblick auf die Schulzeit in Gescher, Neuvrees und Friesoythe ein. Zahlreiche Bilder wechseln sich mit unterhaltsamen Text ab und dürften viele Erinnerungen wecken.

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