Nach dem Flugscham kommt die Tesla-Scham
Gästebuch: Seitdem Elon Musk zum „Buddy“ des US-Präsidenten Trump aufgestiegen ist, wird auch die Kritik an ihm größer.
Otto Höffmann | 01.02.2025
Gästebuch: Seitdem Elon Musk zum „Buddy“ des US-Präsidenten Trump aufgestiegen ist, wird auch die Kritik an ihm größer.
Otto Höffmann | 01.02.2025

„Giff dei aalen anne Theke ’n Schluck up miene Rägnung“, orderte der Mann, den alle im Dorf Fabrikant nannten, „un för mi ’n Cognac“. So schuf man Freunde, Anerkennung und Respekt. Auch wenn der Cognac Mariacron hieß. Fabrikant nannte man ihn, weil er eine kleine Firma hatte. „Ich bin Ihr Fabrikant“, frech Rainald Grebes Song vom Präsidenten abgewandelt, „hofieren Sie mich!“. Fabrikanten gibt’s nicht mehr. Jedenfalls keine, die so genannt werden. Fabrikanten heißen heute Unternehmer. Und die heißen Unternehmer, weil sie etwas unternehmen, und sie beschäftigen in der Regel die, die früher Arbeiter hießen, weil sie arbeiteten. Heute nennt man sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Oder Beschäftigte. Aber arbeiten müssen sie trotz Namensänderung immer noch, weil sie außer ihrer Arbeitskraft in der Regel nichts anderes anzubieten haben. Vielen von ihnen geht es heute gut. Trotz unverschämt hoher Lebenshaltungskosten und massiver Steuer- und Abgabenlast. Ein Auto (oder zwei oder drei) können sich die meisten aber immer noch leisten. Die Zahl von Cloppenburgs Fahrzeug-Anmeldungen steigt weiter. Wohnsiedlungen in der Kreisstadt quellen über vor allem an Wochenenden von Fahrschulen, die dem Nachwuchs für einen Haufen Geld eine Fahrerlaubnis ermöglichen. Meistens mit Erfolg. Schlaue Köpfe brüten über Mobilitätskonzepte. Immer mehr Verkehr. „Gefühlt jedes zweite Auto im Oldenburger Münsterland ist ein Tesla.“ Gefühlt jedes zweite Auto im Oldenburger Münsterland ist ein Tesla. Na, Sie wissen schon, dieses Auto des Tech-Milliardärs Elon Musk. Natürlich trifft die Feststellung, jedes zweite Auto sei ein Tesla, nicht zu. Aber gefühlt rauscht der vorwiegend weiße Stromer mit dem „E“ für „elektrisch“ im Kennzeichen alle paar Minuten um die Ecke. Allein hier in der Wohnsiedlung stehen insgesamt fünf dieser Fahrzeuge vor den Garagentoren. Was waren sie froh, die frühen Tesla-Fans, als sie einen bekamen, vor Jahren, als der Boom losging. Während die Wolfsburger noch auf ihren Ruhekissen („Das Auto“) sanft dahin dämmerten oder ellenlange Prozesse führten und Mammutzahlungen leisten mussten, weil sie ihre Dieselkunden hinters Licht geführt hatten, mauserte sich ein Herr Musk mehr laut als leise, aber sehr konsequent zu einem Pionier bei den Elektroautos. Die Kunden waren nicht nur froh, sondern platzten auch vor Stolz, weil sie doch zur Avantgarde gehörten, zu den Wegbereitern in eine saubere Zukunft, Fortschritt pur, weg vom stinkigen Verbrenner. Ein eilends hochgezogenes Netz von Ladestationen, fette Rabatte für den Strom und alles im digitalen Höchststandard taten ihr Übriges. Wer will noch mal, wer hat noch nicht, schwadronierte der Milliardär und tigerte sprunghaft durch die Brandenburger Grünheide. Was kost’ die Welt?! Tempi passati, vorbei die Zeiten. Mister Musk hat ein Imageproblem. Seitdem er zum „Buddy“ des ebenso durchgeknallten US-Präsidenten Trump aufgestiegen ist, wird auch die Kritik an ihm größer. Er ist so stolz auf seinen neuen Kumpel. Aber selbst eingefleischte Tesla-Fans wenden sich inzwischen von ihm ab und glauben, dass er„verrückt“ geworden sei. Und jeder Tesla finanziert ja indirekt seinen umstrittenen Wahlkampf für den US-Republikaner und die rechtslastige AfDlerin Weidel mit. Statt Stolz und Vorurteil nun Scham und Reue bei den Teslafahrern. „I bought this before Elon went crazy“, lautet der Aufkleber, den sich viele Tesla-Kunden in den USA mittlerweile auf das Heck geklebt haben. „Ich habe ihn gekauft, bevor Elon verrückt wurde“, lauten die Protestaufkleber, die mittlerweile auch schon im Oldenburger Münsterland gesichtet wurden. Böse Zungen behaupten, die aufgeklebte Entschuldigung schütze vor Kratzschäden durch aufgebrachte Mitmenschen. Hoffen wir, es bleibt bei dem verbalen Unmut. Nach der Flugscham komme die Tesla-Scham, sagt eine Cloppenburger Teslafahrerin. Elon Musk: Fluch und Segen zugleich.Zur Person:
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