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Ist der Föderalismus noch zeitgemäß?

Der ehemalige Professor der Tierärztlichen Hochschule, Thomas Blaha, fordert zentrale Maßnahmen bei ernsten Bedrohungen des Wohlergehens der Bevölkerung.

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Nach dem 2. Weltkrieg haben die alliierten Siegermächte darauf bestanden, dass Deutschland nie wieder als ein hegemonialer Zentralstaat einen Krieg auslösen soll. Deshalb erfolgte die Bildung eines föderalen Staates, der "Bundesrepublik Deutschland". Ein Modell, welches zentralistischen Machtbestrebungen vorbeugen und gleichzeitig demokratische Entwicklungen befördern sollte.

In vielerlei Hinsicht hat sich das föderale verfasste Deutschland bis heute eine international anerkannte Vorbildfunktion erarbeitet. Bei vielen Problemen sind die politischen Entscheidungen durch das Bundesland und/oder die Kommune sehr viel realistischer und bürgernäher, als wenn sie zentral getroffen worden wären.

Aber es gibt auch Problemfelder, bei denen 16 bundeslandspezifische Entscheidungsfindungen jeder zielorientierten Lösung massiv im Wege stehen:

  • Gesundheitsgefährdungen bei Epidemien und Pandemien (siehe Covid-19)
  • die Kriminalitäts- und Terrorismus-Bekämpfung (siehe das NSU-Debakel und das Versagen bei Amis Amri)
  • die überregional wirkenden Lebensmittelsicherheitsgefährdungen (siehe den überregionalen EHEC-Ausbruch und Listerien-Skandal)
  • die Tierseuchenbekämpfung (Vogelgrippe und die Afrikanische Schweinepest)
  • die Schulpolitik, die zu einer beschämenden Ungleichheit der Qualität der Schulabschlüsse in den Bundesländern führt.

Diese Bereiche müssten im Interesse einer effizienten Problemlösung dringend durch zentrale Entscheidungsmechanismen "entföderalisiert" werden.

Die bisherige zunächst gute, aber dann stotternde Bewältigung der Corona-Krise in unserem Land berechtigt uns, diese Forderung exemplarisch näher zu beleuchten: Abgesehen von den demokratiefeindlichen und "ICH-fixierten" Coronaleugnern dominierte über lange Zeit eine mehrheitliche Solidarität mit den von der Politik "verordneten" Maßnahmen. Diese Einsicht in die Notwendigkeit, für das Gemeinwohl persönliche Einschränkungen hinzunehmen, schwindet aber nun rapide auch bei den Einsichtigen.

Hauptgrund sind die permanent wechselnden und pro Bundesland unterschiedlichen Festlegungen. Auch die Justiz beteiligt sich durch unterschiedliche Landesurteile statt eines einheitlichen Bundesurteils an der föderalen Verwirrung und Untergrabung des Vertrauens: 2 Landesverwaltungsgerichte befinden das Beherbergungsverbot für dringend erforderlich, 2 halten es für eine Verletzung der persönlichen Rechte von einzelnen Bürgern. Beide Entscheidungen werden mit dem Verweis auf das Grundgesetz begründet! Hätte diese Frage nicht für ganz Deutschland vom Bundesverwaltungsgericht entschieden werden müssen? Was ist das Anliegen dieses Kommentars?

Der Föderalismus ist nicht abzuschaffen – aber es gibt Ausnahmen

Liebe Landespolitiker, angesichts einer gesamtgesellschaftlichen Not müsst Ihr auf Euren Anspruch auf Mitsprache einfach einmal zurückstecken! Es fällt leichter, das einzusehen, wenn Ihr Euch darauf besinnt, dass ein demokratisch erworbenes politisches Mandat nicht Erwerb von "Macht" bedeutet, sondern die Übertragung des Rechtes, dem Gemeinwohl des Volkes, das Euch gewählt hat, dienen zu dürfen.

Und, liebe Journalisten, lasst die zündelnde Rhetorik mit Begriffen des Machtausübens sein. Muss man schreiben "Will Merkel jetzt auf die Kommandobrücke", was eindeutig auf die Erregung von Empörung zielt? Wenn alle Politiker so uneitel und sachorientiert wie Frau Dr. Merkel wären, wären die meisten politischen Entscheidungen dem Volk dienlicher.

Also: Der Föderalismus ist nicht abzuschaffen, aber bei ernsten Bedrohungen des Wohlergehens der gesamten Bevölkerung, müssen kluge, einheitlich umzusetzende Maßnahmen zentral durchsetzbar gemacht werden.

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