Wahrheiten rund um die fade Made und Kasimir Blaumilch
Notizen aus dem wahren Leben
Andreas Kathe | 03.04.2020
Notizen aus dem wahren Leben
Andreas Kathe | 03.04.2020

„… und verschlang die kleine fade Made ohne Gnade. Schade!“ Bevor Sie jetzt denken, der Autor dieser Kolumne sei zu lange in der Sonne gewesen, verweise ich lieber schnell auf „Das große Heinz-Erhardt-Buch“, Seite 82. „Die Made“ zählt zu meinen Lieblingsgedichten. Kurz, knackig und – von Erhardt selbst dargeboten – ein urkomisches Minidrama in Versform. Auch im Internet leicht abrufbar. Also: In diesen humorlosen Zeiten dürfen wir das Lachen nicht verlernen. Erhardt ist eine Empfehlung. Man kann, gern auch gemeinsam mit den Kindern, ein altes Wilhelm-Busch-Album aufschlagen. Und Eugen Roth mit seinen Versen führt uns die menschlichen Schwächen vor Augen: „Ein Mensch, der eine Freundin hatte, ist jetzt, seit Jahren schon, ihr Gatte …“. Man ahnt, wie die Geschichte „täglich schlimmer“ wird. Und gerade erst ging Albert Uderzo, hinterließ aber einen Stapel wunderbarer Bücher über Gallier, die Wildschweine in rauen Mengen verzehren, Hinkelsteine auf trottelige Römer werfen und – gefühlt – in jeder Folge ein Schiff der unglücklichen Piraten versenken. Ach ja, die Kultur kommt mit Troubadix nicht zu kurz und der Sport kulminiert regelmäßig im Wettkampf Fischhändler gegen Dorfschmied. „Beim Teutates!“ Unterwegs auf heimischen Straßen führen mich die vielen Baustellen und Umleitungen direkt auf die Spur des „Blaumilchkanals“. Leider ist der israelische Satiriker Ephraim Kishon etwas in Vergessenheit geraten. Viele seiner Kurzgeschichten sind aber noch heute erfrischend aktuell. Und sein den Presslufthammer schwingender Kasimir Blaumilch liefert die Blaupause für unendliche Spekulationen darüber, warum es bei manchem Projekt stockt – und ob nicht auch hier in Wirklichkeit ein ausgebüxter Irrer die Regie führt. „Soweit wollen wir nicht gehen, bleiben dann doch lieber auf der Ebene des harmlosen Witzes mit aktuellem Bezug“ Etwas mehr in die Tiefe geht es mit dem Altmeister Kurt Tucholsky, dem wir ja auch eine scharfsinnige Durchdringung der Frage verdanken, was Satire überhaupt darf. In der Kunstfigur des Kaspar Hauser nimmt er 1931 den Menschen generell aufs Korn: „Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen: eine, wenns ihm gut geht, und eine, wenns ihm schlecht geht. Die letztere heißt Religion.“ Und so schärft Tucholsky Satz für Satz unsere Sinne für die die kleinen und großen Schwächen bis zum Endpunkt: „Manchmal gibt der Mensch auch Ruhe, aber dann ist er tot.“ Soweit wollen wir nicht gehen, bleiben dann doch lieber auf der Ebene des harmlosen Witzes mit aktuellem Bezug. Wiedergegeben sei hier der aktuelle Warnhinweis des örtlichen Polizeikommissariats mit der Abbildung eines Wackeldackels und einer Toilettenpapierrolle auf der Hutablage eines Oldtimer-Mercedes: „Bitte denken Sie daran, keine Wertgegenstände offen in ihrem Wagen liegen zu lassen!“ Womit wir uns zum Schluss wieder Heinz Erhardt nähern, der auch mit seiner Kurzprosa so manche „Wahrheit“ ans Tageslicht beförderte: „Die schlechtesten Bücher sind es nicht, an denen Würmer nagen, die schlechtesten Nasen sind es nicht, die eine Brille tragen. Die schlechtesten Menschen sind es nicht, die dir die Wahrheit sagen.“ Das kann man auch in diesen Zeiten einfach mal so stehen lassen.
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