Vechtaer AfD-Politiker riskiert Rauswurf aus Kirche
Als ein Messdiener im Gottesdienst ohnmächtig wird, übt Matthias Elberfeld lautstarke Kritik an der Maskenpflicht. Pfarrer Büssing reagiert auf die Zwischenrufe.
Thomas Speckmann | 30.12.2020
Als ein Messdiener im Gottesdienst ohnmächtig wird, übt Matthias Elberfeld lautstarke Kritik an der Maskenpflicht. Pfarrer Büssing reagiert auf die Zwischenrufe.
Thomas Speckmann | 30.12.2020
Demonstrative Ablehnung der Corona-Verordnung: Schon bei der Querdenker-Kundgebung auf dem Stoppelmarkt ignorierte Matthias Elberfeld (links), hier mit den Parteifreunden Rüdiger Leßel und Ralf Fennig (rechts), die Maskenpflicht. Foto: M. Niehues
Matthias Elberfeld hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg, wenn es um die Corona-Pandemie geht. Kritik an den Maßnahmen der Regierung hat der AfD-Politiker aus Vechta im Laufe dieses Jahres schon häufiger öffentlich zum Ausdruck gebracht. Mit seinen jüngsten Äußerungen ist er offenbar einen Schritt zu weit gegangen. Sie haben ihm einen unrühmlichen Abgang aus der Kirche beschert. Der Vorfall spielte sich am 2. Weihnachtsfeiertag in der Kirche Maria Frieden in Vechta ab. Während des Gottesdienstes wurde einem Messdiener übel. Der Junge sackte vor dem Altar zusammen. Daraufhin gab es aus der Gemeinde einen polemischen Zwischenruf, wie Pfarrer em. Richard Büssing auf Anfrage berichtet. Tenor: "Da seht Ihr, was Ihr von der Maskenpflicht habt!" "Ich habe den Besucher aufgefordert, im Gottesdienst Provokationen und politische Stellungnahmen zu unterlassen." Bei dem Zwischenrufer handelte es sich um Elberfeld. Als dieser noch weitere lautstarke Bemerkungen folgen ließ, gab es mahnende Worte des Pfarrers. "Ich habe den Besucher aufgefordert, im Gottesdienst Provokationen und politische Stellungnahmen zu unterlassen. Ansonsten sollte er das Gotteshaus verlassen", schildert der Zelebrant. Daraufhin sei der Besucher gegangen. "Ich war geschockt und aufgebracht. Innerhalb einer Minute habe ich mich zum Rausgehen entschieden, da mir jeder Sinn für einen weiteren Gottesdienstbesuch unnatürlich erschien", erklärt Elberfeld auf Nachfrage. Ihm sei es nicht darum gegangen, ein politisches Statement vor der Gemeinde abzugeben, sondern seinen Unmut über das Schicksal des ohnmächtig gewordenen Messdieners zu äußern. Der Junge soll sich bei dem Sturz leicht verletzt haben. Er hatte während der Zeremonie einen Mund-Nasen-Schutz getragen. Ob das der Grund für sein Unwohlsein war, ist nach Auskunft der Pfarrgemeinde nicht bekannt. Ähnliche Vorfälle hat es in Kirchenkreisen auch vor der Maskenpflicht schon gegeben. Wenn Ministranten zu lange in die Kerzenflamme schauen oder Weihrauch einatmen, kann es zu Übelkeit oder Ohnmacht kommen. Für Corona-Kritiker scheinen solche Vorfälle ein gefundenes Fressen zu sein, um Verunsicherung und Wut in der Bevölkerung zu schüren. Ihre Argumentation ist bei diesem Thema allerdings widersprüchlich. So führen sie einerseits an, ein Mund-Nasen-Schutz sei vollkommen wirkungslos, weil dieser viel zu durchlässig sei. Gleichzeitig wird behauptet, durch das Tragen der Maske könne man quasi ersticken. "Irgendwelche Gesichtsmasken helfen nicht gegen eine Virusverbreitung und gleiches gilt für einen Lockdown. Diese restriktiven Maßnahmen haben weitgehende Nachteile für die Menschen und ihr wirtschaftliches Auskommen", meint Elberfeld. Corona sei eine ernsthafte Viruserkrankung, die große Anstrengungen für Risikogruppen und Erkrankte erforderlich mache. Er halte es aber für falsch, 80 Millionen Bundesbürger hierfür in Haftung zu nehmen, so der AfD-Ratsherr. Mit der Corona-Verordnung scheint es Elberfeld auch in der Praxis nicht allzu ernst zu nehmen. Laut Augenzeugen hat er beim Gottesdienst am 2. Weihnachtstag und auch schon vorher am 4. Advent nicht durchgängig die Maske getragen. Hinweise auf das Fehlverhalten soll der Betroffene ignoriert haben. Auch bei der Querdenker-Demonstration Mitte November auf dem Stoppelmarkt gehörte der AfD-Mann zum Kreis der Teilnehmer, die sich ohne Mund-Nasen-Schutz dort aufhielten und von der Polizei mehrfach ermahnt wurden. Propst Michael Matschke verweist auf das Hygienekonzept der Pfarrgemeinde, das kurz vor Weihnachten durch ein Schreiben des Bischöflichen Offizials noch einmal ergänzt und aktualisiert worden sei. Demnach ist während des gesamten Verlaufs der Messfeier eine Maske zu tragen. Außerdem ist in der Kirche auf Abstand zu achten und auch vor den Türen ein dichtes Zusammenstehen zu vermeiden. Gemeinsames Beten ist möglich, gemeinsames Singen hingegen nicht. "Es gibt in unseren Kirchen derzeit am Eingang Ordner, die den Gottesdienstbesuchern die Plätze zuweisen, die auf die Einhaltung der Abstände achten und auf das Tragen der Mund-Nase-Bedeckung. Es ist uns als Pfarrgemeinde wichtig, die Maßnahmen konsequent einzuhalten, um einen Schutz der Gesundheit unserer Gottesdienstbesucher wie auch der Dienst tuenden Seelsorger zu gewährleisten", unterstreicht Propst Matschke. Kommentar zum Thema von Thomas Speckmann (Reporter): Gotteshaus ist kein Ratssaal Mit Blick auf die hohen Infektionszahlen, das Leid auf den Intensivstationen und Tausende Todesfälle ist es unverständlich, dass sich immer noch Menschen im Land gegen die Abstands- und Hygieneregeln wehren. Dabei ist es für jeden Einzelnen so einfach, mit einem Stückchen Stoff vor dem Gesicht einen kleinen Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu leisten. AfD-Vertreter Matthias Elberfeld sieht die Sache leider anders. Nun, seine Meinung darf er sagen, schließlich leben wir in einer Demokratie. Doch eine Kirche ist kein Ratssaal. Den Gottesdienst habe er als Katholik besucht, wie er betont, das habe mit seinem politischen Engagement nichts zu tun. Genau deswegen sind seine Äußerungen fehl am Platz, allein schon aus Rücksicht auf die in weihnachtlicher Stimmung versammelte Gemeinde. Eine Entschuldigung für das Verhalten wäre angebracht, noch besser wäre eine Maske!
Gefundenes Fressen für Corona-Kritiker
Elberfeld soll Maske mehrfach im Gottesdienst abgenommen haben
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