Teilschließung des Kreißsaals: Schwangerschaftsberaterinnen schlagen Alarm
Die Lage für Schwangere im Kreis Cloppenburg spitze sich weiter zu. Die Probleme begännen bereits im gynäkologischen Bereich. Ein Umstand bereite jedoch noch größere Sorgen.
Problematische Situation: Im St.-Josefs-Hospital in Cloppenburg wird die Geburtshilfestation am Wochenende aus Personalmangel geschlossen. Das sorgt für massive Kritik im Landkreis. Foto: Hermes
Die Geburt eines Kindes ist für die meisten Eltern und Familien ein freudiges Ereignis. Nach 9 Monaten erblickt ein Sprössling zum ersten Mal das Licht der Welt.
Für werdende Eltern und Frauen aus dem Landkreis Cloppenburg wird aus dem eigentlich positiven Ereignis allerdings eine Tortur. Nach der Schließung der Geburtsstation in Friesoythe muss auch das St.-Josefs-Hospital in Cloppenburg, wie berichtet, am Wochenende seine Geburtshilfe schließen.
Der Grund: zu wenig Personal. Die schlechte Versorgung bereitet den Mitarbeiterinnen der Schwangerschaftsberatungsstellen von "donum vitae", dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und der Diakonie große Sorgen. Durch den Personalmangel im ärztlichen und geburtshilflichen Bereich käme es zunehmend zu Problemen.
Problem beginne schon im gynäkologischen Bereich
Die Problematik im Landkreis Cloppenburg beginne bereits im gynäkologischen Bereich. Die meisten gynäkologischen Praxen würden keine neuen Patientinnen mehr aufnehmen. So finden junge Mädchen und zugezogene Frauen oft keine Ärztin, und Frauen, die ungewollt schwanger sind, bekämen keinen zeitnahen Termin für die Feststellung einer Schwangerschaft, begründen die Beraterinnen ihre Sorgen.
Auch der Hebammenmangel sei schon seit Jahren ein Problem für werdende Eltern. Die Hebammenzentrale könne zwar bei der gezielten Suche nach einer Hebamme helfen, gelegentlich melden sich aber Erstgebärende erst spät bei einer Schwangerschaftsberatungsstelle und erfahren erst dort von der Schwierigkeit, kurzfristig noch eine Hebamme zu finden. Manchmal sei es dann bereits zu spät, um noch eine Hebamme mit Kapazitäten zu finden, gerade wenn der Entbindungstermin in den Ferien liegt. Dabei sei besonders für Erstgebärende eine Hebammenbetreuung wichtig, um Unsicherheiten abzubauen und Geburtskomplikationen vorzubeugen.
Im kinderärztlichen Bereich sei die Lage besonders prekär. Junge Eltern oder zugezogene Familien können oft überhaupt keine Praxis finden, die ihre Kinder aufnehmen kann oder nehmen weite Wege in andere Landkreise auf sich, wenn sie mobil sind, so die Beraterinnen. Sie befürchten, dass dadurch einige Kinder die nötigen Vorsorgeuntersuchungen nicht erhalten und mögliche Förderbedarfe oder gesundheitliche Probleme erst spät festgestellt werden.
Setzen sich für Frauen ein: Ines Meinerling (von links), Martina Hingst, Maren Laues, Ivonne Flerlage, Martina Janhsen, Andrea Thiering-Moormann und Gaby Emken-Schmidt. Foto: Diakonie
Bereits große Ängste während der Schwangerschaft
Doch die allergrößte Sorge bereite den Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle die Situation in der Geburtshilfe des St.-Josefs-Hospitals in Cloppenburg. Frauen, die dort am Wochenende abgewiesen werden mussten und in ihrer Not nach Oldenburg fuhren, hätten zum Teil dort ebenfalls nicht aufgenommen werden können.
In einer solch verletzlichen Situation mehrfach abgewiesen zu werden, sei für Schwangere extremer Stress und könne traumatisierend wirken. Die Unsicherheit, eine aufnehmende Klinik zu finden, löse bereits in der Schwangerschaft große Ängste bei den werdenden Eltern aus, berichten die Beraterinnen. Es sei eine Anmeldung in mehreren Kliniken erforderlich, um dann unter Wehen die Liste der angewählten Kreißsäle abzutelefonieren und eine Aufnahme zu erbitten. So würden teilweise weite Anfahrtswege und Transportprobleme für Eltern ohne Fahrzeug, oder wenn der Partner beim Einsetzen der Wehen nicht schnell vor Ort sein kann, entstehen.
Auch erhöhe sich durch lange und komplizierte Anfahrten das Risiko von Komplikationen, wenn sich der Gesundheitszustand des Kindes oder der Mutter auf der Fahrt verschlechtere. Von einer freien Wahl des Geburtsortes könne daher keine Rede mehr sein, zumal es im Landkreis Cloppenburg auch keine Geburtshäuser gebe.
"Situation ist nicht hinnehmbar"
Die Frauen würden gegenüber den Beraterinnen immer häufiger von negativen Geburtserfahrungen aus vorangegangenen Entbindungen berichten, die bereits in von Personalnot geprägten Kreißsälen stattgefunden haben. Diese Erlebnisse wiegen teilweise so schwer und nachhaltig, dass einige Mütter sich vor einer erneuten Schwangerschaft fürchten, so die Mitarbeiterinnen. Sie betonen, dass diese Situation nicht hinnehmbar ist.
Die Förderung einer gesunden Schwangerschaft und der physiologischen Geburt seien nationale Gesundheitsziele. Das Krankenhausgesetz, das Geburtshilfe nicht als Grundversorgung anerkenne und eine Zentrierung von Geburten in spezialisierten Kliniken anstrebe, stehe konträr zu diesen Zielen, finden die Beraterinnen. Die Frauen fordern daher bessere Arbeitsbedingungen für Hebammen, um den Beruf wieder attraktiver zu gestalten.
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