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Studie belegt Gewalt und Missbrauch in den 1950er und 1960er Jahren am Kolleg St. Thomas in Vechta

Die Historikerin Dr. Maria Anna Zumholz verfasste eine bildungsgeschichtliche Studie über das KST. Darin geht es um die Zeit von 1947 bis 1990, als das KST ein Jungen-Internat der Dominikaner war.

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Eine Studie brachte es zutage: Körperliche, psychische und sexualisierte Gewalt durch Ordensbrüder gehörten in den 1950er- und 1960er-Jahren zum Alltag im Vechtaer Kolleg St. Thomas. Viele Betroffene litten danach an Traumata. Das gehört zu den Ergebnissen einer Forschungsarbeit von Dr. Maria Anna Zumholz (Universität Vechta). Die Wissenschaftlerin stellte das mehr als 600 Seiten umfassende Buch am 24. April öffentlich vor.

Die Studie untersucht den Zeitraum von 1947 bis 1990 (als das KST ein Jungeninternat war). Sie verfolgt einen umfassenden bildungsgeschichtlichen Ansatz, beschränkt sich nicht auf die Aufarbeitung von Missbrauch und Gewalt. Die Studie war auf Anregung der Dominikaner und mit deren Unterstützung vorgenommen worden. Initiator war Pater Peter Kreutzwald, Provinzial der Dominikaner-Provinz Teutonia mit Sitz in Köln.

Bittet um Verzeihung: Pater Peter Kreutzwald, Provinzial der Dominikaner-Provinz Teutonia mit Sitz in Köln. Foto: ChowanietzBittet um Verzeihung: Pater Peter Kreutzwald, Provinzial der Dominikaner-Provinz Teutonia mit Sitz in Köln. Foto: Chowanietz

Die Historikerin Zumholz betonte, dass es ich dabei um unabhängige Forschung und keine Auftragsarbeit handelte. Sie hatte Akten ausgewertet und mit Fragebögen die Schilderungen von nahezu 200 ehemaligen Schülern zusammengetragen – angeschrieben hatte sie etwa 800.

Ziel der Dominikaner war die Aufarbeitung von Erzählungen und Vorwürfen über Gewalt und Missbrauch. Die Dominikaner hatten selbst ab 2010 damit begonnen, als 13 Meldungen über körperlichen und sexuellen Missbrauch eingegangen waren.

Pater Walbert Weber verprügelte Schüler

Die Studie legt unter anderem dar: Pater Walbert Weber hatte als Leiter des Internats Schüler über Jahre brutal verprügelt. Pater Ludger Stockhausen hatte Jugendliche zum Aufklärungsunterricht auf sein Zimmer bestellt. Fälle von körperlichem sexuellem Missbrauch, etwa durch Penetration, kommen in der Studie nicht vor.

Der ehemalige Internatsschüler Wolfgang Reiff berichtete gegenüber den OM-Medien über seine Erinnerungen an das Kolleg. Er hat von den zuständigen Stellen der Deutschen Bischofskonferenz 25.000 Euro zugesprochen bekommen – in Anerkennung seines Leids. Er berichtete von sexuellem Missbrauch. Zumholz hat zwei der drei von Reiff genannten Täter nicht in ihre Studie aufgenommen. Es habe keine Bestätigung durch weitere Personen dazu gegeben.

Übergabe der Studie: (von links) Professor Dr. Michael Hirschfeld vom Institut für Regionalgeschichte und Katholizismusforschung (IRK), Provinzial Pater Peter Kreutzwald, Dr. Maria Anna Zumholz und Aschendorf-Verlagsleiter Dr. Dirk F. Paßmann. Foto: ChowanietzÜbergabe der Studie: (von links) Professor Dr. Michael Hirschfeld vom Institut für Regionalgeschichte und Katholizismusforschung (IRK), Provinzial Pater Peter Kreutzwald, Dr. Maria Anna Zumholz und Aschendorf-Verlagsleiter Dr. Dirk F. Paßmann. Foto: Chowanietz

4 Tage nach der Vorstellung der Studie luden die Dominikaner – nach der Lektüre der Forschungsarbeit – zum Pressegespräch ins KST. Pater Peter Kreutzwald bat die Opfer um Verzeihung. Ein wichtiges Anliegen sei es zudem gewesen, die Ergebnisse der Studie zu veröffentlichen, um den Ehemaligen zu zeigen, dass ihre Erfahrungen gesehen werden und wichtig seien.

Der heutige Schulleiter Mark Brockmeyer hob hervor: Der Vorteil des Designs der Studie bestehe darin, dass Dr. Zumholz habe darlegen können, dass die Gewalt im Internat bis in die 60er-Jahre über das, was in jener Zeit an Schlägen üblich war, hinausging. Dieses Wissen gehöre nun zur Identität der Schule.

Ambivalenz prägt viele Berichte von Ex-Schülern

Pater Karl Gierse, Prior des Konvents in Füchtel, der seit 2008 in Vechta ist, sagte: Es habe ihn sehr betroffen gemacht, wie viele Schüler geprügelt wurden. Pater Ludger Fortmann, Dominikaner im Konvent Vechta und ehemaliger Schüler des Kollegs, sagte: Ehemalige würden einen guten Kontakt zum Kolleg pflegen, es gebe regelmäßige Treffen. Er höre immer wieder das Ambivalente in den Berichten. So werde Pater Walbert Weber (über Jahrzehnte die prägende Persönlichkeit des Kollegs) einerseits als engagiert beschrieben, aber es gebe auch Erzählungen über die körperliche Gewalt, die von ihm ausging.

Ambivalenz – die gibt es auch in den Schilderungen von Schülern in der Studie über die gesamten Erfahrungen im Kolleg. Abseits der Gewalt nimmt die Darstellung des Schullebens und der Blick auf sehr beliebte, engagierte Lehrer – Pater und Externe – viel Raum in Zumholz’ Buch ein.

Die Wissenschaftlerin betonte: Ihre Arbeit sei keine Missbrauchsstudie, sondern ein Beitrag zur historischen Bildungsforschung mit Einblicken in die Geschichte des katholischen Jungeninternats der Dominikaner, wie es bis 1990 bestanden habe. In diesem Jahr löste der Orden das Internat auf, weil immer mehr Schüler nicht im Kolleg lebten. Sie waren Externe.

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