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Offensichtlich hat ein Hund das Reh gerissen

Die Landesjägerschaft untersucht das Brockdorfer Video: Fellzeichnung und Proportionen passen nicht zu Wolf.

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Steckbrief: Mit diesem Plakat wird seit 2016 nach Mischling Betto in Brockdorf gesucht.

Steckbrief: Mit diesem Plakat wird seit 2016 nach Mischling Betto in Brockdorf gesucht.

Die Landesjägerschaft ist sich sicher: Der vermeintliche Wolf, der am Freitag auf einer Wiese des Gänsehofes Tapphorn in Brockdorf ein Reh riss und sich Iris Tapphorn knurrend näherte, ist ein Hund. Wie die wissenschaftliche Mitarbeiterin Lisa Leschinski gestern dieser Zeitung mitteilte, passen die Proportionen des Tieres und die Zeichnung des Fells nicht zu einem Wolf. Das Raubtier habe zu dieser Jahreszeit zudem ein so ausgeprägtes Winterfell, dass Rippen und das Geschlechtsteil des Rüden nicht erkannt werden könnten. Iris Tapphorn hatte bei dem reißenden Tier erkennen können, wie mager und dünn es war. Das kurze Fell war ihr aufgefallen, auch, dass es sich um ein männliches Tier handeln muss, konnte sie erkennen.

Wolfsberater Dr. Torsten Schumacher setzte bei seiner Untersuchung des Vorfalls vor allem auf das Rissbild am getöteten Reh und ging deshalb von einem Wolf aus. „Die sind wolfstypisch“, sagte er. „Von einem Hund habe ich solch schwere Verletzungen bei Nutztierrissen im Landkreis Vechta noch nie festgestellt“, sagte der erfahrene Tierarzt. Zudem habe er deutliche Kehlbisse festgestellt, wie sie bei jungen Wölfen üblich seien, die mehrfach nachfassen würden.

Ein solches Verhalten können laut Lisa Leschinski aber auch Hunde an den Tag legen. Während erwachsene Wölfe mit ein, zwei Drosselbissen ihre Beute töten, würden mitunter Hunde, ähnlich wie Jungwölfe, mehrfach zubeißen und die Kehle dabei regelrecht zermalmen. Torsten Schumacher war auch deshalb auf Wolf oder Wolfshybride als Verursacher gekommen, weil der Jägerschaft dort aktuell kein streunender Hund bekannt ist. Auch sein Wolfsberaterkollege Ulrich Heitmann aus Dinklage will einen Wolfshybriden, also eine Mischung aus Wolf und Hund, in Brockdorf nicht ausschließen.

Mit dem gefilmten Tier gab es am vergangenen Freitagmittag zudem einen weiteren Nahkontakt. Hildegard Lamping ging gegen 12.30 Uhr mit ihrem Pudel in Brockdorf spazieren, als sich der Rissverursacher ihr auf bis zwei Meter näherte und sie wiederholt umkreiste. „Der hatte lange Beine und ein kurzes Fell“, fiel ihr auf. Es sei mehr „rehartig braun“ gewesen. „Ich habe nur gedacht, das ist aber ein komischer Hund“, erinnert sich Hildegard Lamping. Bösartig sei das Tier aber nicht gewesen. Laut habe sie „hau ab, geh' nach Hause“ gerufen. Dann sei das Tier davongelaufen.

Bei Iris Tapphorn gemeldet hat sich auch Antje Pohl. Die Tierschützerin sucht seit September 2016 im Bereich Lohne nach einem Schäferhund-Mischlingsrüden. Das aus Bulgarien stammende Tier namens Betto war über ein Tierheim an einen Brockdorfer vermittelt worden. Dieser Mann sei aber mit dem Hund überfordert gewesen und habe diesen einfach verantwortungslos vom Hof gejagt, schildert Pohl das damalige Geschehen. Sie habe daraufhin Vermissten-Plakate in Brockdorf und Umgebung verteilt. Der Hund sei aber nie wieder aufgetaucht. Ist Betto also der fragliche Hund und möglicherweise so verwildert, dass er inzwischen Rehe reißt?

Antje Pohl war davon ausgegangen, dass das Tier längst verstorben ist, zumal es wegen einer Schussverletzung hinkt und noch Schrot im Körper hatte. Ein Jagen schneller Beute hätte dem Mischling so kaum gelingen können.

Auch Iris Tapphorn weist auf Unstimmigkeiten hin: Die Fellzeichnung des gefilmten Tieres unterscheidet sich demnach gerade im Beinbereich deutlich. Und Lisa Leschinski von der Landesjägerschaft fällt zudem auf, dass die Schnauze des Tieres im Film länger ist.

Bis zum gestrigen Abend war unklar, welches Tier und welche Art eines Hundemischlings für die Vorfälle von Freitag verantwortlich ist. Vermisste Hunde werden normalerweise von Kommunen eingefangen und nach einer bestimmten Zeit einem Tierheim übergeben. Fraglich ist, wer jetzt nach einem Hund sucht, der Rehe reißt und den offensichtlich niemand vermisst, der aber möglicherweise eine Gefahr für die Bevölkerung darstellt.

Auch deshalb hofft Wolfsberater Torsten Schumacher jetzt auf ein möglichst schnelles Ergebnis der DNA-Untersuchung.

Videobeweis: Die Handybilder zeigen das reißende Tier auf der Brockdorfer Wiese.Videobeweis: Die Handybilder zeigen das reißende Tier auf der Brockdorfer Wiese.

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