Den schrecklichen Anblick erlebt Familie Feldhaus nicht zum ersten Mal. Am vergangenen Samstagmorgen findet sie drei tote Schafe auf der Wiese vor ihrem Haus. Wieder sind die Bäuche aufgerissen. Alles sieht genauso aus wie im März 2016. Emotional ist es für Tierhalterin Daniela Feldhaus diesmal noch schlimmer. Eines der getöteten Schafe hatte sie einst mit der Flasche aufgezogen. „Luise war zahm, hörte aufs Wort“, berichtet sie betroffen.
Bei dem Riss von 2016 wurde ein Wolf als Verursacher festgestellt. Der Verlust sei damals aber nicht durch das Wolfsbüro beglichen worden. Der Zaun sei angeblich nicht ausreichend gegen Untergraben geschützt gewesen, berichtet die Tierhalterin. Aber die Familie folgte damals der Empfehlung des Wolfsberaters Dr. Torsten Schumacher aus Bakum. „Wir haben den Zaun auf zwei Meter erhöht und die vorhandene Bodensicherung nochmals verstärkt“, erklärt Feldhaus. Zweieinhalb Jahre sei so nichts passiert. „Wir haben geglaubt, unser Zaun sei wolfssicher“, sagt sie.
Jetzt wurde ein Loch im Zaun entdeckt. Wolfsberater Schumacher, der den Fall untersucht hat, glaubt, dass hier der oder die Rissverursacher eingedrungen sind. „Das Loch war vorher nicht da“, sagt Daniela Feldhaus. „Wie es aussieht, hat sich der Wolf dieses Mal durch den festen Maschendrahtzaun gebissen“, ist sie überzeugt.
Auch die Naturfreunde Goldenstedt sind der Auffassung, dass der Draht durchgebissen wurde. Sie hatten am Samstag noch vor dem Wolfsberater den Riss untersucht und sehen sich als Alternative, weil sie der Wolfspolitik im Lande nicht trauen. Letzteres teilten sie jetzt via Facebook mit. Ebenso wie der offizielle Wolfsberater haben sie bei den Soay-Schafen wolfstypische Verletzungen an den Bäuchen festgestellt. Aber via Facebook sagen die Naturfreunde auch: „Keines der Schafe wies wolfstypische Kehlbisse auf“. Dies steht jedoch im deutlichen Widerspruch zur Erkenntnis des Wolfsberaters, der als Tierarzt jedes Schaf genau unter die Lupe genommen hat. Er stellte auch entsprechende Kehlbisse fest. Weil die Naturfreunde den DNA-Ergebnissen des Landes misstrauen, wollen sie genetische Proben bei einem anderen Labor in Hamburg auswerten lassen.
Über Facebook behaupten die Naturfreunde zudem, dass der Tierbesitzer nicht möchte, dass der Wolfsberaterinformiert wird, weil er darin keinen Sinn sehe.
Tierhalterin Daniela Feldhaus ist mit dieser Darstellung nicht einverstanden. „Wir sind mit dem Wolfsberater Torsten Schumacher sehr zufrieden“, würdigt sie dessen ehrenamtliches Engagement. Beim ersten Riss sei er sogar ein weiteres Mal vorbeigekommen und habe mit der Familie alles besprochen. Ihr sei jetzt wichtig, die Öffentlichkeit zu informieren, damit alle Nutztierhalter vor der Wolfsgefahr gewarnt seien. Und sie möchte mit der offiziell entnommenen DNA-Probe sicherstellen, dass der Riss in der Nutztierrisstabelle des Landes erfasst wird und die genetische Auswertung das Wolfsmonitoring unterstützt.
Aber sie will auch die Schafhaltung aufgeben. „Wir können uns nicht besser schützen“, ist Daniela Feldhaus überzeugt. Sie möchte nicht jeden Morgen mit der Angst zur Weide gehen, wieder auf getötete Tiere zu treffen. Die Sorge ist berechtigt. Erst am 13. November gab es einen Riss am Peperweg bei Barnstorf mit einem getöteten Schaf.
Torfarbeiter wollen kürzlich am Vechtaer Grenzgraben die Goldenstedter Wölfin mit drei fast ausgewachsenen Jungieren gesehen haben, Spaziergänger meldeten jetzt die Sichtung von vier Wölfen bei Gut Falkenhardt in Diepholz. Genaueres weiß aber zur Zeit niemand. Der letzte bekannte genetische Nachweis der Goldenstedter Wölfin stammt von Juni dieses Jahres. Weitere Erkenntnisse zum Rudel fehlen – auch weil nicht mehr jeder Riss gemeldet wird.
Kommentar: Vertrauen
von Matthias Niehues
Ja, es kann möglich sein, dass sich ein Wolf durch den Zaun gebissen hat. Und es gibt Wildtierkameraaufnahmen eines früheren Falles in Rüssen, die belegen, dass die Wölfin an einem Zaun reißt. Auch deshalb ist es wichtig, jeden Riss genau zu untersuchen und zu dokumentieren. Leisten können dies aber nur die offiziell beauftragten und geschulten Wolfsberater. Sie machen ihre Arbeit engagiert, gut und gewissenhaft. Man muss mit dem Wolfsbüro nicht zufrieden sein. Aber es ist wichtig, die Wolfsberater zu informieren, sobald es Meldenswertes gibt. Nur so erhalten wir Daten, die Aufschlüsse zur Anzahl und Herkunft der Wölfe geben. Und nur amtlich festgestellte Nutztierrissergebnisse helfen weiter.