Manege frei: Kinder üben für den großen Zirkus-Auftritt
Für 5 Tage werden im Cloppenburger Museumsdorf Kinder in Workshops zu Zirkusartisten. Geübt wird für die eigene Show, doch beim Training steht der Spaß an der Bewegung im Vordergrund.
Volle Konzentration: Die Kinder beim Mitmachzirkus üben mit Trainer Alexsej Bolotov für ihren Auftritt. Foto: Dickerhoff
Auf dem Brink im Cloppenburger Museumsdorf kehrt aktuell keine Ruhe ein. Gerade erst ist die Historische Dorfkirmes zu Ende gegangen. Und während die Fahrgeschäfte noch abgebaut werden, herrscht direkt daneben schon wieder Hochbetrieb. Ein großes, buntes Zelt dominiert jetzt den Platz. Darin und drumherum geht es zur Sache. 65 Kinder von 5 bis 13 Jahren nehmen derzeit an einem Zirkus-Workshop für Kinder teil und werden hier zu Nachwuchsartisten.
Angeleitet wird das Ganze durch die Museumspädagogen vom Kulturzentrum Buratino der Familie Bolotov aus Hesel bei Leer. Die Geschwister Raja und Alexsej leiten die Kinder an. Unterstützung bekommen sie von einigen anderen Helfern. Sie sind erfahren, mit dem Zirkus aufgewachsen. Zudem findet der Mitmachzirkus schon zum sechsten Mal im Museumsdorf statt. Das Motto dabei: „Gesund leben durch Bewegung.“
Kinder können sich ausprobieren
Und Bewegung gibt es während der Woche genug. Die Kinder jonglieren Kegel, balancieren über ein Drahtseil oder üben Kunststücke mit Hula-Hoop-Reifen ein. Insgesamt 13 Disziplinen werden während der Woche behandelt, erklärt Raja Bolotov. „Jedes Kind sucht sich mindestens zwei davon aus, die es dann am Ende vorführt.“ Zum Abschluss der Tage steht nämlich am Samstag (22. Juli) eine große Zirkusvorführung für die Familien der Teilnehmer auf dem Programm. Auf diese Show arbeiten und fiebern alle hin.
Zirkus in neunter Generation: Alexsej und Raja Bolotov geben ihre Begeisterung an Kinder weiter. Foto: Dickerhoff
Es ist aber eigentlich nicht das absolute Ziel, eine perfekte Vorführung auf die Beine zu stellen. „Für uns ist das Training wichtiger als die Show“, betont Raja Bolotov. Die Kinder können sich in den verschiedenen Disziplinen ausprobieren und schauen, was ihnen liegt und was eher nicht. Und das machen sie mit Begeisterung. Denn Zirkus übt auch in der modernen Zeit noch eine immense Faszination aus – besonders, wenn man selbst Teil der Show ist. Raja Bolotov versteht das: „Es gibt nichts Schöneres, als in der Manege zu stehen und Applaus zu bekommen.“
Es gibt nichts Schöneres, als in der Manege zu stehen und Applaus zu bekommen.
Raja Bolotov
Beim Balancieren benötigen die meisten die Hand von Anleiter Alexsej, denn das Drahtseil ist nicht besonders breit. Ansonsten können sich die Nachwuchsartisten aber gefahrenfrei ausprobieren. Die Teller – für den Fall der Fälle aus Plastik – drehen sich auf dünnen Stäben, einige Mädchen perfektionieren ihren Spagat. Manch einer ist sogar so motiviert, dass er verschiedene Disziplinen miteinander kombiniert. Damian zum Beispiel lässt zwei Hula-Hoop-Reifen um seine Hüften kreisen, während er in den Händen Stöcker hält, mit denen er einen „Devil Stick“ jongliert.
5 Tage lang wird jeweils von 9 Uhr bis 13 Uhr gemeinsam geprobt. Pausen sind dabei zwar eingeplant, allerdings nehmen sich fast nur die Jüngeren die Auszeit, um zu essen, zu trinken und sich auszuruhen. Die älteren Teilnehmer nutzen jeden verfügbaren Moment, um sich weiter auszuprobieren und ihre Kunststücke zu perfektionieren. „Viele von den Großen sind Wiederholungstäter“, berichtet Raja Bolotov. Sie kommen immer wieder, haben Freude am Zirkus.
Zirkusfamilie in der neunten Generation
Eigentlich ist das Kulturzentrum Buratino hauptsächlich an Grund-, Förder- und Gesamtschulen oder an Kitas mit dem Mitmachzirkus unterwegs. Dass es jetzt schon länger die Zusammenarbeit mit dem Museumsdorf gibt, hängt mit der Historischen Dorfkirmes zusammen. Hier war das Team vor einigen Jahren zur Kinderanimation mit dabei. So entstand der Kontakt und das gefragte Projekt in Cloppenburg. In die Soestestadt kommt das Kulturzentrum immer gerne. Die Mitglieder übernachten hier ganz stilecht in ihren Wohnwagen. „In Cloppenburg ist das für uns immer ein wenig wie Urlaub“, erzählt Raja Bolotov. Wenn man bei Schulen stehe, müsse man immer aufpassen wegen möglicher Randalierer. Im Museumsdorf hingegen sei es so schön ruhig und entspannt.
Raja und Alexsej machen Zirkus in der neunten Generation. Ihre Mutter Sonja stammt aus einer alten norddeutschen Zirkusfamilie. Vater Alexander, der dieses Mal ausnahmsweise nicht dabei sein kann, war früher beim Moskauer Staatszirkus. Bei einer Welttournee lernten sich beide in den 90er Jahren kennen, seit 2000 veranstalten sie ihre Mitmach-Projekte. Der Nachwuchs macht begeistert mit. „Ich hoffe, dass auch meine Tochter mitzieht“, lacht Raja. Normalerweise gab es bei den Kinderzirkus-Projekten auch öfter einen Austausch mit Artisten aus Russland oder der Ukraine. „Das ist momentan natürlich eher schwierig“, sagt Alexsej.
Jetzt kommt der Feinschliff
Der Auftritt rückt für die Kinder des Mitmachzirkus immer näher, Stress entsteht aber nicht. „Wir sind super in der Zeit“, so Raja Bolotov. „Was jetzt kommt, ist Feinschliff.“ Aber auch der ist wichtig. So achten die Trainer darauf, dass am Ende der artistischen Einlagen auch immer ein Kompliment – eine ritualisierte Verbeugung – folgt und dem Publikum gedankt wird. Das besteht zwar noch nur aus den anderen Nachwuchsakrobaten, doch bald schon können sie ihre Show den sicherlich stolzen und begeisterten Familien zeigen.
Jetzt OM-Plus für 0,99€ im ersten Monat testen. Erfahren Sie alles Relevante aus beiden Landkreisen im OM. Auf dem Desktop, mobil und in der News-App! Hier geht es entlang.
Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen