Lange Staus vor Kfz-Zulassung

Vor der Zulassungsstelle des Landkreises Cloppenburg stehen sich Händler und Privatleute die Beine in den Bauch. Fünf bis sechseinhalb Stunden Wartezeit sind inzwischen üblich geworden, um ein Auto oder Motorrad anzumelden. Der Frust wächst.

"Meine Frau ist zwischendurch nach Hause gefahren und hat ein Mittagessen gekocht."

Michael B. über die Wartezeit bei der Zulassungsstelle des Landkreises Cloppenburg

Michael B. platzte am Donnerstag der Kragen. Seine neue Harley-Davidson stand schon abholbereit beim Händler, doch auf die "Jungfernfahrt" sollte der Bankangestellte zwei Wochen lang warten. Erst Anfang September, so das Online-Portal der Kreisbehörde, wäre der nächste Termin frei. Da jedoch „Spontanbesuche“ im Amt wieder erlaubt sind, bat der Cloppenburger seine Frau, sich in die morgendliche Schlange einzureihen – eine unerwartet harte Geduldsprobe. Denn die Gattin, die die Bediennummer 45 zog, wartete mehr als 6 Stunden. Eine Freundin, die sie zufällig traf, brauchte mit der Nr. 24 über fünf Stunden bis zum neuen Kennzeichen. "Meine Frau ist zwischendurch nach Hause gefahren und hat ein Mittagessen gekocht", berichtet Michael B.

Der Motorradfahrer übertreibt nicht: Die Behörde räumte am Freitag  auf Nachfrage der Redaktion die extremen Wartezeiten ein. Online werden Kunden 2 bis 3 Wochen lang auf einen festen Termin vertröstet. Spontanbesucher, die auf gut Glück morgens anstehen, müssten "teilweise sehr lang" warten, meint Pressesprecher Frank Beumker zerknirscht. Das sei jedoch "zu befürchten gewesen", sagt er.

Neues Personal soll "in den nächsten Monaten" kommen

Der Grund: Angeblich kosten die Vorsichtsmaßnahmen gegen eine Corona-Infektion so viel Zeit, dass sich die Kunden stauen. Da der Landkreis zugleich Gesundheitsbehörde ist, "müssen wir im Umgang mit den Abstands- und Hygienevorschriften möglichst vorbildlich umgehen, wenn wir dies auch von anderen Teilen der Gesellschaft so einfordern", betonte Beumker. Auch wenn das zu "unbefriedigenden Wartezeiten" führe, die den Landkreis selbst "keineswegs zufriedenstellen".

Der zweite Grund ist jedoch Personalmangel. Urlaubs- und krankheitsbedingte Ausfälle seien "mitursächlich" für die Engpässe. Die Zulassungsstelle werde deshalb aufgestockt. Dafür sei jedoch "eine gewisse Vorlaufzeit" nötig, um Personal einzustellen und einzuarbeiten, erläuterte der Behördensprecher.

Mit einer "zunehmenden Entspannung" der Lage rechnet er deshalb erst „in den nächsten Monaten". So lange müssen auch Händler mit Wartezeiten von bis zu einer Woche zurechtkommen. In anderen Landkreisen sehe es jedoch nicht besser aus, behauptet Beumker.

Daran zweifelt Michael B. Ursprünglich wollte er seine Harley einem Zulassungsservice aus Oldenburg anvertrauen. "Als die aber 'Cloppenburg' hörten, haben die mich gewarnt", berichtet er. Dank seiner Frau ist sein Motorrad jetzt zugelassen. Am Freitag holte der Cloppennburger die Maschine ab. "Meiner Frau bin ich jetzt was schuldig", sagt er: "mindestens einen Blumenstrauß".

Landkreis Vechta sieht keine Probleme

Im Landkreis Vechta hingegen sieht die Lage deutlich entspannter aus. Vor der Kfz-Zulassungsstelle in Vechta warten nur eine Handvoll Menschen. Im Gespräch erzählen viele, dass sie problemlos online einen Termin beantragt haben und meist binnen einer Woche diesen auch wahrnehmen konnten. "Einen Termin zu bekommen war in Vechta kein Problem. Ich kann mich wirklich nicht beklagen", sagt Dieter Rasche aus Bakum. Er ist einer der Wartenden.

Die örtlichen Autohäuser, die täglich Autos für ihre Kunden beim Landkreis zulassen, bestätigen diesen Eindruck. Es solle keine Probleme geben, Termine beim Landkreis für die Zulassung zu bekommen. Dies bestätigen auch mehrere Autohäuser auf Nachfrage von OM Online.

Seitens des Landkreises Vechta heißt es, dass es aktuell unverändert viele Anfragen für Zulassungen gebe. Da der Landkreis nur mit Terminen arbeite, komme es nicht zu Stauungen, wie in anderen Kreisen. Aktuell komme es zu Wartezeiten von 5 bis zu 14 Tagen. Pressesprecher Jochen Steinkamp betont, dass in dringenden Angelegenheiten in Absprache diese auch in kürzerer Zeit bearbeitet werden könnten. Als Grund für die aktuellen Wartezeiten von bis zu 14 Tagen nennt Steinkamp die Corona-Verordnungen, die die Zahl der Besucher im Kreishaus begrenzen. Weitere Gründe: Die zu bearbeitenden Anfragen von KfZ-Händlern und die Zulassungen von Elektroautos seien gestiegen. 

Mit Onlinetermin: Bei der Kfz-Zulassungsstelle in Vechta sind die Wartezeiten kurz. Foto: Scholz

Seitens des Landkreises Cloppenburg heißt es:

• Urlaubszeit, Ferien-Flaute: Da müsste doch in der Zulassungsstelle Ruhe einkehren, könnte man meinen. Falsch!
• Die Zahlen des Kreises bestätigen: Das Personal hat trotz Corona mehr als gut zu tun.
• Im Juli 2020 wurden trotz der Einschränkungen wegen derSchutzauflagen 6316 Zulassungen am Schalter bearbeitet – 314 mehr als im Juli 2019. Übers Internet wurden im Juli nur 49 Fahrzeuge angemeldet.
• Angesichts der Engpässe und des Frusts der Kunden hat sich die Behörde ausdrücklich vor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Zulassungsstelle gestellt. Sie machten „einen ausgezeichneten Job" und zeigten „größtmögliche Flexibilität", betont der Landkreis in seiner Antwort an die Redaktion.