Die 120 Sitzplätze in der beschaulichen Kapelle im Steyler-Missionshaus St. Ansgar waren wie jeden Sonntag besetzt, 30 weitere Gottesdienstbesucher nahmen an diesem 20. Februar 1972 Stehplätze ein. Pünktlich um neun trat Pater Erich Sonntag an den Altar, die Orgel erklang. Der Organist spielte nur auf den Manualen, weil seine Beine noch nicht bis zu den Pedalen reichten. Er war schließlich erst 11 Jahre. Sein Name: Heinrich Deboi.
Genau 50 Jahre sind nach der Premiere vor Publikum vergangen, 50 Jahre, die der Diplom-Kirchenmusiker für die Friesoyther St.-Marien-Gemeinde tätig ist.
Mit einem Keyboard zu Weihnachten begann die Karriere des Virtuosen, der danach Klavierunterricht erhielt, bevor er über Werner Haselier zur Königin der Instrumente wechselte und schnell zum Team der Organisten zählte. Bezahlt wurden der junge Mann und die Messdiener nach klassischen Messen in der Kapelle mit selbst gebackenem Kuchen von der Haushälterin des Klosters. „Mein erstes Honorar für eine Silberhochzeit betrug dann zwei Mark“, erinnert sich der 61-Jährige gerne an seine harmonischen Anfänge zurück.
Friesoyther studiert Schul- und Kirchenmusik in Hannover
Sechs Monate nach dem ersten öffentlichen Auftritt das Debüt in der Pfarrkirche. Der hoch gewachsene Propst Wehage habe doch etwas skeptisch auf den halben Meter kleineren Organisten herunter geschaut, der das Patronatsfest am 15. August begleiten sollte. „Nach dieser Messe aber hieß er mich jederzeit mit einem Lächeln willkommen“, berichtet Deboi, der 1978 das C-Examen, später das B-Examen ablegte.
Schul- und Kirchenmusik studierte er an der Musikhochschule in Hannover und war als Studienrat an der Cloppenburger Liebfrauenschule tätig. Die C-Musiker-Ausbildung lag ihm am Herzen und gesellschaftliches Engagement bewies er auch über die Region hinaus. Deboi war stellvertretender Vorsitzender des Kirchenmusikkommission im Bistum Osnabrück und saß darüber hinaus im Landesmusikrat.
Die Orgel spielte er längst nicht nur in seiner Heimatgemeinde. Von rund 4500 Gottesdiensten seit 1972 waren es rund 2400 in Friesoythe. Weit über 100 Mal ist er als Musiker und Seelsorger in den vergangenen genau 30 Jahren nach Wangerooge gereist, wo er in St. Willehad seit Juli 2021 an einer neuen Digitalorgel sitzt, an dessen Einweihung er teilnahm. Auch Orgelweihen in Friesoythe und Bösel zählt er zu Höhepunkten seiner bisherigen Laufbahn.
2019 mit dem päpstlichen Ehrenkreuz ausgezeichnet
Darüber hinaus 12 Liveübertragungen im Radio sowie zwei im Fernsehen und zahlreiche Festgottesdienste im Osnabrücker Dom. Für seine außerordentlichen ehrenamtlichen Verdienste wurde der Kirchenmusiker 2019 mit dem von Papst Franziskus verliehenen Ehrenkreuz „Pro Eccelsia et Pontifice“ in der St.-Marien Kirche ausgezeichnet, die er zu Recht als besondere Ehre und Wertschätzung einstuft.
Was hat sich in 50 Jahren verändert, hat er sich nun anlässlich seines Jubiläums gefragt. „Die Zahl der Gottesdienstbesucher hat abgenommen und das Lächeln in der Sakristei zur Begrüßung wurde durch Kontrollen des Impfstatus und des Ausweises ersetzt“, formuliert Deboi und hofft auf ein schnelles Ende der Pandemie. Geblieben ist jedoch auch in der Krise das Entscheidendste: die Freude am Orgelspielen.