Im Westen klafft eine Versorgungslücke
BBE Handelsberatung stellt Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts im Fachausschuss vor.
Andreas Timphaus | 05.03.2020
BBE Handelsberatung stellt Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts im Fachausschuss vor.
Andreas Timphaus | 05.03.2020
Der Fokus gilt der City: Um der Rolle als Mittelzentrum gerecht zu werden, soll sich Lohne künftig auf die Entwicklung des Einzelhandels in der Innenstadt konzentrieren. Das empfiehlt die BBE Handelsberatung in ihrem Gutachten. Foto: dpa/Sommer
Um der Rolle als Mittelzentrum gerecht zu werden, soll sich Lohne künftig auf die Entwicklung des Einzelhandels in der Innenstadt konzentrieren. Das empfiehlt der Entwurf der Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der BBE Handelsberatung aus Hamburg, der am Dienstag dem Bau-, Verkehrs-, Planungs- und Umweltausschuss vorgelegt wurde. Die Experten befürworten grundsätzlich die geplante Famila-Verlagerung und Neuansiedlung eines „dm“-Drogeriemarktes auf einen Teil der früheren Hofstelle Küstermeyer, weisen aber darauf hin, dass die Verkaufsflächen „in einem verträglichen Rahmen“ bleiben müssten. Der bisherige Famila- Standort an der Straße Am Gleisbogen sollte nach Ansicht der Gutachter für eine Supermarkt-Nachnutzung ausgeschlossen werden. Und: Um die bestehende Versorgungslücke im westlichen Stadtgebiet zu schließen, empfiehlt die BBE Handelsberatung die Neuansiedlung eines weiteren Nahversorgers – zum Beispiel im Bereich des „Action“- Marktes oder an der Kreuzung Dinklager Straße/Im Fang. Timm Jehne von der BBE Handelsberatung stellte den Entwurf vor und präsentierte allerhand Zahlen. So haben die Lohner laut Berechnungen pro Kopf jährlich 6440 Euro zur Verfügung. Multipliziert mit der Einwohnerzahl ergibt sich ein einzelhandelsrelevantes Kaufkraftpotenzial von aktuell 180,2 Millionen Euro. Etwa 55 Prozent dieser Summe entfallen laut dem Projektleiter auf nahversorgungsrelevante Sortimente wie Nahrungs- und Genussmittel, Drogerie- und Parfümeriewaren sowie Apotheken- und Sanitätsartikel. Zum Zeitpunkt der Erhebung im August 2019 waren 139 Einzelhandels- und Ladenhandwerksbetriebe festzustellen. Die Gesamt- Verkaufsfläche betrug 67400 Quadratmeter. Die Gutachter registrierten 22 Leerstände. Im Zuge der Arbeit am Gutachten hatte die BBE Handelsberatung auch eine Kundenherkunftsanalyse erstellt. 21 Geschäfte nahmen daran teil, 4519 Personen wurden während der Erhebung erfasst. Jehne konstatierte im Ergebnis: „Lohne hat eine treue Kundschaft – die überwiegend aus der Stadt stammt.“ Als weitere Kennziffer nannte er die Einzelhandelszentralität. Sie stellt das Verhältnis zwischen den erwirtschafteten Umsätzen des Einzelhandels und dem Kaufkraftpotenzial dar. In Lohne liegt sie bei 95,6. Das bedeutet, dass Kaufkraft aus der Stadt abfließt. Jehne sagte, dass Lohne als Mittelzentrum grundsätzlich eine ausreichende Einzelhandelsversorgung bereitstelle. Allerdings sei die nahversorgungsrelevante Lebensmittelversorgung ausbaufähig. Im Detail machte der Hamburger auf eine Versorgungslücke im westlichen Stadtgebiet aufmerksam. Nach Einschätzung des Handelsberaters bestehe das Potenzial für einen 1600 bis 3200 Quadratmeter großen Nahversorger in diesem Bereich. „Das sollte im Bedarfsfall gutachterlich geprüft werden.“ Zum Zentralen Versorgungsbereich stellte Jehne fest, dass Lohne in puncto Einzelhandel grundsätzlich über eine attraktive Innenstadt verfügt, diese jedoch durch einen „geringen Filialisierungsgrad und punktuelle Leerstände“ geprägt sei. Mit dem Vodafone-Shop hatten die Gutachter nur einen Filialisten festgestellt, es überwiegen die inhabergeführten Geschäfte. Die anschließende Diskussion verlief kleinteilig, die Ratsmitglieder verfingen sich oft in Details. So hinterfragte Dr. Lutz Neubauer (parteilos) vor allem die im Gutachten präsentierten Zahlen. Auch Eckhard Knospe (SPD) hatte einige Nachfragen – die für Jehne jedoch kaum zu beantworten waren. So wollte der SPD-Fraktionsvorsitzende wissen, warum sich das E-Center nicht wie erhofft zu einem Kundenmagneten entwickelt habe. „Ich weiß nicht, warum die Lohner den Weg dorthin nicht finden“, sagte der Projektleiter. Weiter konstatierte Knospe, dass das E-Center die Fußgängerzone nicht belebt habe. Ob dies nicht auch beim geplanten Famila- Markt zu befürchten sei. „Der Kunde stimmt letztlich mit den Füßen ab. Ich kann es ihnen nicht sagen“, antwortete Jehne. Er zuckte ebenfalls mit den Schultern, als der Sozialdemokrat auf die verkehrlichen Folgen einer Famila-Verlagerung eingehen wollte. „Dafür gibt es andere Experten.“ Neubauer fragte, ob die geplante Famila-Verlagerung zu einer Unterversorgung westlich der Bahn führe. Jehne: „Dieser Bereich ist jetzt schon unterversorgt. Außerdem ist Famila nicht wohnortrelevant.“ Bürgermeister Tobias Gerdesmeyer griff das Thema auf. Er sagte, dass ein zweiter Nachversorger zum bestehenden Netto-Markt – der Stadt schwebt eine Größe von 1000 bis 1200 Quadratmetern vor – die Situation verbessern könnte. Gerdesmeyer unterstrich nochmals, dass der Famila- Neubau nur so groß werden dürfe, dass Platz für einen zweiten Nahversorger im Westen sei. Um dieses Ziel zu verfolgen, hatte die Stadt übrigens jüngst grünes Licht aus der Politik erhalten. Der Verwaltungsausschuss entschied, dass die Stadt einen Standort für einen weiteren Nahversorger beziehungsweise Supermarkt westlich der Bahnlinie suchen und Gespräche mit Investoren beziehungsweise Lebensmittel-Einzelhändlern führen soll. Vorausgegangen war ein Antrag von Franziskus Pohlmann (parteilos). Der Fachausschuss stimmte dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept in der Fortschreibung 2019/20 mit den Stimmen der CDU-Mehrheitsfraktion zu. 2008 hatte die Stadt Lohne durch die BBE Handelsberatung ein Kommunales Einzelhandelskonzept erarbeiten lassen. Die darin dargestellten Leitlinien sollten als Grundlage für die Bauleitplanung und sonstige Projekte im Zusammenhang mit der Entwicklung des Einzelhandels vor Ort dienen. 2016 beauftragte die Stadt Lohne die Hamburger Handelsberater mit einer Aktualisierung des Gutachtens, bei der die aktuelle Einzelhandelssituation, die Abgrenzung der zentralen Versorgungsbereiche und die Handlungsempfehlungen erneut auf den Prüfstand gestellt werden sollten.Politiker verfangen sich in der Diskussion allzu oft in Details
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