Grippewelle rollt durch den Landkreis
Innerhalb von nur einer Woche ist die Zahl der Grippeerkrankten in Niedersachsen rasant nach oben geschnellt.
Hubert Kreke | 21.04.2020
Innerhalb von nur einer Woche ist die Zahl der Grippeerkrankten in Niedersachsen rasant nach oben geschnellt.
Hubert Kreke | 21.04.2020

Nur ein Pieks: Die Impfung gegen die vier häufigsten Grippe-Viren dauert nur einen Moment. Der Schutz setzt nach etwa zehn Tagen ein.
In den Wartezimmern der Arztpraxen niesen nicht nur erkältete Patienten: Die „echte“ Grippe ist innerhalb von einer Woche im Kreis Cloppenburg angekommen. „Wir erleben einen drastischen Anstieg“, berichtet der Cloppenburger Allgemeinmediziner und Kardiologe Dr. Gregor Siemon. Auch im Cloppenburger St.-Josefs-Hospital nimmt die Zahl der Infizierten deutlich zu, bestätigt der Hygiene-Experte der Kliniken, Dr. Matthias Rabba. Gesicherte Daten veröffentlicht das Robert-Koch-Institut in Berlin: Ende Dezember gab‘s in Niedersachsen weniger als 50 erkannte Grippe-Fälle pro Woche, seit vergangene Woche schnellte die Zahl neuer Patienten auf über 750. Laut Robert-Koch-Institut sind höchstwahrscheinlich 57 Menschen seit Dezember in Deutschland an der Infektion gestorben. Eine exakte Todesursache ist deshalb schwer festzulegen, weil die gefährdeten Patienten meist schwere Vorerkankungen aufweisen und in der Regel über 75 Jahre alt sind. In dieser Altersgruppe ist die Todesrate durch Grippe nach Modellrechnungen der Weltgesundheitsorganisation WHO besonders hoch. Die Impfquote der über 60-jährigen Niedersachsen mit chronischen Vorerkrankungen liegt jedoch nur bei 55 Prozent, in Bremen bei nur 40 Prozent, hat das Robert-Koch-Institut ermittelt – viel zu niedrig. Denn die Influenza ist deutlich aggressiver als das Corona-Virus. An dem neuartigen Virus sterben rund zwei Prozent der Erkrankten, an der Grippe weltweit jedes Jahr zwischen 290000 bis 650000 Menschen. Dr. Matthias Rabba hält eine Impfung auch jetzt noch für ratsam, obwohl die Chance, sich zu schützen, mit jedem Tag des Wartens sinke. Den vollen Schutz entwickelt die Impfung erst nach zehn bis 14 Tagen, wenn sich ausreichend Antikörper im Blut gebildet haben. Dr. Gregor Siemon empfiehlt die Impfung besonders Bluthochdruck-Patienten schon ab 60. Denn nach einer neuen Studie der Universität Kopenhagen liegt das Sterberisiko unter den Hypertonikern bei Grippe um 18 Prozent niedriger, wenn sie sich geschützt haben. Sogar die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarktes fällt um zehn Prozent, zeigte die Beobachtung von über 600000 dänischen Blutdruck-Patienten. Siemon hat in seiner Praxis eine Impfquote über 80 Prozent erreicht, „weil ich von der Wirksamkeit überzeugt bin und auf die Patienten einrede“, sagt der Mediziner. Am größten ist die Gefahr in den ärmsten Regionen der Welt. In Afrika südlich der Sahara besteht das weltweit größte Risiko für Grippemortalität, dicht gefolgt vom östlichen Mittelmeerraum und Südostasien. Fast alle Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren treten in Entwicklungsländern auf. Eine Schutzmaske zu tragen, nützt nach Ansicht der Infektionsexperten nur etwas, wenn ein ansteckender Patient sich trotz Ruhebedürftigkeit in der Öffentlichkeit bewegt oder wenn ein Angehöriger (oder Pfleger) die Erkrankten versorgt. Ob es hilft, vorsorglich einen Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit zu tragen, ist „wissenschaftlich nicht belegt“, sagt das Robert-Koch-Institut. Auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Hysterie hatten gesunde Menschen teilweise die Bestände in Apotheken leer gekauft. Die wichtigsten und effektivsten Gegenmaßnahmen sind laut Robert-Koch-Institut eine „korrekte Hustenetikette“ und das Einhalten eines Mindestabstandes von etwa einem Meter zu schon krankheitsverdächtigen Menschen. „Hustenetikette“ bedeutet: Möglichst nicht die offene Hand husten, sondern ein Papiertaschentuch verwenden, das hinterher in einen Eimer mit Deckel verschwindet. Falls es schnell gehen muss, kann notfalls in die Armbeuge geniest werden. In jedem Fall sollte man sich hinterher die Hände waschen und möglichst auch desinfizieren. Warum tritt Grippe im Winter auf? Die Viren sind bei niedrigen Temperaturen und in trockener Luft stabiler. Außerdem wird vermutet, dass die Schleimhaut der Atemwege bei trockener Luft anfälliger und das Immunsystem im Winter schwächer ist als im Sommer. Ein weiterer Grund könnte sein, dass man sich im Winter länger mit anderen Menschen in weniger belüfteten Räumen aufhält. Wie gefährlich ist Grippe? Das höchste Risiko für schwere Verläufe und Todesfälle haben ältere Menschen. Die Zahl der Todesopfer kann bei den einzelnen Grippewellen stark schwanken, von mehreren hundert bis über 20000. Wie steckt man sich an? Überwiegend durch Tröpfchen beim Husten oder Niesen. Auch eine Übertragung über Hände und verunreinigte Oberflächen ist möglich. Wie lange dauert es von der Infizierung bis zum Ausbruch? Nur etwa ein bis zwei Tage. Erkrankte scheiden das Virus meist nicht länger als sieben Tage aus, wie KrankenhausStudien zeigen. Mehr Infos: https://influenza.rki.de.
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