Das Nachrichtenportal vonMünsterländische Tageszeitung MT undOldenburgische Volkszeitung OV

Gestensteuerung: Seniorenzentrum setzt auf innovative Technologie

Das Seniorenzentrum in Wagenfeld hat ein neues Informationssystem eingeführt. Es soll die Bewohner zur Bewegung animieren und gleichzeitig den Alltag erleichtern.

Artikel teilen:
Das neue Informations- und Entertainmentsystem in der Senioreneinrichtung Amicalis erkennt die Gliedmaßen einer Hand und reagiert auf ihre Bewegungen. Student Jannis Goldmann hat das System entwickelt. Foto: Goldmann

Das neue Informations- und Entertainmentsystem in der Senioreneinrichtung Amicalis erkennt die Gliedmaßen einer Hand und reagiert auf ihre Bewegungen. Student Jannis Goldmann hat das System entwickelt. Foto: Goldmann

Die vor dem Monitor hüpfende Mitarbeiterin ignoriert das System geflissentlich. Das sind dann doch zu viele Gesten auf einmal, um darin einen Befehl zu erkennen. Etwas mehr Präzision ist schon nötig, um das neue Informationssystem im Eingangsbereich der Wagenfelder Senioreneinrichtung Amicalis zu steuern. Bewohnerin Helma Meier braucht nur ein paar Versuche, bis sie den Dreh raus hat und die Seiten auf dem Monitor mit einem Fingerwisch durch die Luft aus der Ferne „umblättern“ kann.

„Das ist eine tolle Sache“, sagt sie begeistert und hat auch gleich einen Wunsch, was sie künftig gerne auf dem Monitor sehen möchte: viele Fotos – zum Beispiel von den Veranstaltungen im Seniorenzentrum. Grundsätzlich kein Problem, denn den Inhalt können die Mitarbeiter komplett selbst bestimmen: Texte, Fotos, Videos – alles ist möglich.

Essensplan oder Termine für gemeinsame Aktivitäten

So ist unter anderem angedacht, in einem der Nistkästen, die die Senioren für den Garten der Einrichtung gebaut haben, eine Kamera zu installieren, um das Schlüpfen und Flüggewerden der Vögel zu beobachten. „Mit dem System sparen wir jede Menge Papier für die vielen täglichen Benachrichtigungen, die wir zurzeit ausdrucken und im Foyer aushängen“, nennt Leiterin Kerstin Rihm einen großen Vorteil.

Essensplan, Termine für gemeinsame Aktivitäten wie Plätzchen backen oder Eierlikör machen – das alles ist künftig auf dem Bildschirm zu sehen. Die Informationen laufen in Dauerschleife über den Monitor, können über Gesten aber auch gezielt ausgewählt werden. Ein zweites System soll laut Kerstin Rihm in Kürze im benachbarten Wohnpark eingerichtet werden. Für die Befüllung des Systems mit Informationen ist Deborah Rem, Leiterin der sozialen Betreuung verantwortlich.

Ein Fingerwisch genügt: Bewohnerin Helma Meier hatte den Dreh mit Unterstützung des Studenten Jannis Goldmann nach ein paar Versuchen raus. Foto RussEin Fingerwisch genügt: Bewohnerin Helma Meier hatte den Dreh mit Unterstützung des Studenten Jannis Goldmann nach ein paar Versuchen raus. Foto Russ

Entstanden ist das Informations- und Entertainmentsystem in Zusammenarbeit mit der Ostfalia Hochschule Wolfenbüttel. Prof. Dr.-Ing. Thorsten Uelzen, Lebenspartner von Kerstin Rihm, hatte das Projekt geplant, sein Student Jannis Goldmann hat es als studentische Arbeit entwickelt und jetzt in der Einrichtung installiert.

Die Gestensteuerung an sich ist nicht neu und zum Beispiel in der Wii-Spielekonsole bestens erprobt. Das Besondere am System der Hochschule ist laut Thorsten Uelzen, dass es auf einer sehr niederschwelligen Ebene funktioniert. Die Grundidee: Die Anwendung soll für die Senioren so einfach wie möglich sein und sie animieren, sich zu bewegen. Dabei geht es allerdings nicht um sportliche Betätigung. Leiterin Kerstin Rihm hat vor allem die Feinmotorik in Händen und Armen im Blick. „Wir wollen möglichst viel dafür tun, dass sich unsere Bewohner bewegen“, erklärt sie.

Niederschwellig und kostengünstig

Die Niederschwelligkeit ist der eine große Vorteil. Ein zweiter: „Die Technik ist relativ kostengünstig“, so Uelzen. Wenn Fernseher und Computer vorhanden seien, lägen die Kosten für den Rest unter 100 Euro. „Deshalb ist das System gerade in Senioreneinrichtungen relativ gut einsetzbar.“ Denn deren finanzieller Spielraum ist bekanntlich recht knapp bemessen.

Jannis Goldmann studiert an der Ostfalia im siebten Semester Elektro- und Informationstechnik und kam auf der Suche nach einem Thema für seine studentische Arbeit auf das Projekt von Professor Uelzen. Seit Anfang Februar hat sich der 27-Jährige mit der Umsetzung befasst. „Da sind schon einige Stunden reingeflossen“, berichtet er.

Student der Ostfalia Hochschule Wolfenbüttel hat System entwickelt

Am Anfang stand eine blanke Web-Seite, die erst einmal programmiert und mit Informationen gefüllt werden musste. Die Gestensteuerung erfolgt über eine Kamera am Monitor, die die Gliedmaßen einer Hand erkennt. Ragt der ausgestreckte Zeigefinger über die übrigen Gliedmaßen der Hand hinaus, erkennt das System die Hand als Geste und reagiert. Eine Bewegung als Geste zu erkennen, sei beim Programmieren die Herausforderung gewesen, erklärt Jannis Goldmann. Vier Programmiersprachen kämen dabei zusammen. Er habe zwar schon etwas Erfahrung im Programmieren gehabt, sei aber kein Informatiker. „Das muss man sich nebenbei aneignen“, so Jannis Goldmann.

Am Grundgerüst des Systems hatte der 27-Jährige ein halbes Jahr gearbeitet. Dann folgte der Feinschliff. Ein bisschen muss hier und da noch nachjustiert werden, weil sich das System manchmal schwertut, die „richtige“ Hand zu erkennen, aber vom Grundsatz funktioniert es, und die ersten Bewohner hatten schon großen Spaß beim Ausprobieren.

Gut und kompakt informiert zum Feierabend: Abonnieren Sie jetzt kostenlos unseren neuen WhatsApp-Kanal und erhalten den Newsletter „N'Abend, Oldenburger Münsterland“. Und nicht vergessen, die Benachrichtigungen auf dem Glocken-Symbol zu aktivieren! Hier geht es direkt zum WhatsApp-Kanal

Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen

Gestensteuerung: Seniorenzentrum setzt auf innovative Technologie - OM online