Das Osterfest hatte er sich anders vorgestellt
Die Premiere von Bakums katholischem Pfarrer Bernd Holtkamp findet unter besonderen Umständen statt.
Florian Ferber | 02.04.2020
Die Premiere von Bakums katholischem Pfarrer Bernd Holtkamp findet unter besonderen Umständen statt.
Florian Ferber | 02.04.2020

Mit Windlicht, Bastelbogen und Blatt laden Bufdi Ludwig Siemer (links) und Pfarrer Bernd Holtkamp die Gemeindemitglieder zum Mitmachen ein. Foto: Ferber
Sein erstes Osterfest in Bakum – und dann gleich im Ausnahmezustand: Bernd Holtkamp, seit vergangenem September Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Johannes Baptist, muss sich dieser Corona-Tage wie seine Berufskollegen mit den eingeschränkten Möglichkeiten der Kommunikation arrangieren. „Die Tragik“, verdeutlicht der 37-Jährige, „besteht gerade darin, dass Ostern nicht öffentlich gefeiert werden kann. Das ist für uns alle eine neue Situation, die wir so noch nicht gehabt haben.“ Aber auch in der Kirchengemeinde St. Johannes Baptist gilt vor dem größten Fest der Christenheit: Not macht erfinderisch. So lädt Pfarrer Holtkamp ein, sich an einer Dank- und Fürbittaktion zu beteiligen, die von Palmsonntag bis Gründonnerstagmittag läuft. Ob Anliegen oder einen Namen, ein Gebet oder Gruß, ein gemaltes Bild, all das kann auf einem gefalteten Blatt Papier auf den Altären der vier Kirchen in Bakum, Carum, Lüsche und Vestrup hinterlegt werden. Am Gründonnerstag, erklärt Bernd Holtkamp, werden die Zettel eingesammelt und sollen in die Osterfeierlichkeiten einfließen. Diese finden auch in Bakum gezwungenermaßen hinter verschlossener Tür und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Indirekt beteiligt werden können die Gemeindemitglieder aber trotzdem – zum Beispiel durch ihre Palmstöcke und -zweige, die zur Segnung in der Kirche mit ausgelegt werden können. Für den Nachwuchs sind österliche Bastelbögen zum Ausschneiden und Ausmalen in den Gotteshäusern hinterlegt. Weiterhin besteht die Einladung, am Karfreitag oder -samstag ein Windlicht mit Kerze in die Kirchen zu stellen. Am frühen Ostersonntagmorgen wird das Licht der Osternacht dann laut Pfarrnachrichten auch nach Carum, Lüsche und Vestrup gebracht, die Laternen dort mit dem Licht des Auferstandenen entzündet und vor das Kirchenportal zur Abholung gestellt. „Die Leute sind auf sich selbst angewiesen, und ich kann sie nur einladen, zuhause, im familiären Kreis, Ostern zu feiern“, sagt Pfarrer Holtkamp, „und das Oster-Evangelium gemeinsam zu lesen am Ostermorgen. Mehr geht im Augenblick nicht.“ Oder doch? „Ich bin von mehreren Seiten angesprochen worden, ob es nicht möglich sei, den Gottesdienst zu streamen. Ich habe mich aber dagegen entschieden“, erklärt der Geistliche. Und weiter: „Für mich ist das eine One-Man-Show, das empfinde ich persönlich so. Für mich wäre das eine traurige Wirklichkeit, die ich da abbilden müsste. Es antwortet ja niemand. Ich habe keine singende und mitbetende Gemeinde.“ Gleichwohl, räumt der 37-Jährige mit Blick auf die ins Internet übertragenen Gottesdienste der katholischen Kirchengemeinde St. Vitus Visbek ein, dass man dort schon länger mit dieser Art vertraut sei. „Für mich ist das eine One-Man-Show“ Die Auswirkungen der Corona-Krise, zeigt Bernd Holtkamp auf, machen sich anhand vieler Dramen bemerkbar – seien es die Beerdigungen, die nur noch im kleinen Kreis stattfinden können,Menschen, die schwer krank im Krankenhaus liegen und nicht mehr oder nur sehr bedingt besucht werden können, oder Sterbende, die nur im kleinen Rahmen verabschiedet werden können. „Früher kam immer der Spruch ,Ja, man kann auch in den Wald gehen zum Beten'. Aber Glaube hat immer ein ,Wir'. Dass wir jetzt dieses ,Wir' nicht körperlich abbilden können, ist für mich eine Tragik.“ „Die Familie ist die Kirche im Kleinen“, zitiert Holtkamp einen Satz von Johannes Paul II. – und stellt sich und seiner Kirche die selbstkritische Frage: „Haben wir die Kirche im Kleinen, die Familie, darauf vorbereitet, wie man als Kirche Gottesdienst feiern kann? Ich glaube, nicht genug.“ Nun müsse man dies zwangsweise lernen. Er selbst, so Holtkamp, mache einmal im Jahr Exerzitien und ziehe sich in die Stille eines Klosters zurück, sodass ihm manches momentan weniger schwerfalle. „Ich glaube aber, dass wir uns im Moment üben in einer großen Achtsamkeit. Ich glaube, es gibt im Moment eine große Rücksichtnahme und eine große Aufmerksamkeit.“ Es finde gerade viel pastoral übers Telefon statt, berichtet der Jugendpfarrer im Offizialatsbezirk Oldenburg – und verbindet damit die Einladung, an die Gemeinde, ihn und die anderen Priester anzurufen oder zu mailen. Überdies, so Holtkamp, sei für ihn erstaunlich, was im Moment – trotz aller Einschränkung – alles möglich sei – „und was das für Folgen haben wird, im Hinblick auf Nachhaltigkeit, den Umgang mit unserer Schöpfung, Umweltschutz. Wir können doch ganz viel.“ Was Pfarrer Bernd Holtkamp momentan indes nicht kann, sind Zusagen zu machen, etwa ob Hochzeiten oder die Erstkommunion an Christi Himmelfahrt stattfinden werden. „Die Leute sagen, die Kinder wachsen aus den Kleidern. Aber ich kann es nicht ändern. Ich bin nicht Prophet, dass ich sagen kann, wann alles vorbei ist.“ Dass die Situation eine besondere, nie dagewesene ist, hat ihm auch kürzlich das Telefonat mit einer 90-Jährigen vor Augen geführt, von dem der Kirchenmann erzählt. Sie habe ihm gesagt: „Im Krieg konnten wir uns ja noch frei bewegen. Nur wenn Fliegeralarm war, mussten wir in den Bunker oder in den Keller.“ Dass der Staat gezwungen ist, so massiv in Freiheitsrechte einzugreifen, bejahe er aber, so Holtkamp – wenngleich niemand darauf vorbereitet war.
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