Amtsgericht Vechta stellt Jahresstatistik vor
Eine Erkenntnis: Immer öfter müssen Richter über Betreuungssachen entscheiden, weil Angehörigen die Vollmacht hierfür fehlt. Dabei kann vorgesorgt werden.
Matthias Niehues | 25.02.2023
Eine Erkenntnis: Immer öfter müssen Richter über Betreuungssachen entscheiden, weil Angehörigen die Vollmacht hierfür fehlt. Dabei kann vorgesorgt werden.
Matthias Niehues | 25.02.2023
Präsentierten die Jahresstatistik des Amtsgerichts Vechta für 2022: (von links) Martin Rolfes (Geschäftsleiter), Dr. Ralph Seifert (Richter und Direktor) und Tobias Vogt (Richter und stellvertretender Direktor). Foto: M. Niehues
Es kann schnell gehen: Ein Schlaganfall oder eine Hirnschädigung durch Verkehrsunfall, und schon werden auch junge Menschen zum Pflegefall. "Möglichst jeder sollte deshalb rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht ausstellen", sagt dazu Richter Tobias Vogt. Der stellvertretende Direktor des Amtsgerichts Vechta stellte jetzt zusammen mit Direktor Dr. Ralph Seifert und Geschäftsleiter Martin Rolfes die Statistik des Vechtaer Gerichts für 2022 vor. Demnach gab es im vergangenen Jahr insgesamt 1769 Betreuungsverfahren. Seit Jahren werden es kontinuierlich mehr Fälle, stellen die Rechtsexperten dazu fest. Egal ob die Anwendung eines Bettgitters oder die medizinische Behandlung für jemanden, der seine Wünsche nicht mehr äußern kann – fehlt Angehörigen die nötige Vollmacht, müssen Richter entscheiden. "Ein großes Anliegen der Betreuungsrichter" ist es deshalb, "dass viele Menschen Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen erstellen", sagt dazu Vogt und verweist auf die Homepage des Amtsgerichts Vechta, wo sich Hinweise und Formulare hierfür befinden. Im Bereich der Strafrechtspflege haben die Strafrichter im Jahr 2022 insgesamt 844 Strafbefehlsverfahren und 251 Einzelrichterstrafsachen bearbeitet. Die Zahlen sind somit konstant geblieben, ebenso wie die Anklagen vor dem Jugendrichter, die sich auf dem Niveau vor Corona bewegen. Vor dem Jugendschöffengericht gab es 23, vor dem Schöffengericht 25 Verfahren – nach Einschätzung des Gerichts ein niedriges Niveau. Die Anzahl der Zivilsachen fällt seit 2012 kontinuierlich. Damals, so die Amtsleitung, seien noch 1298 Verfahren anhängig gewesen. 2022 waren es 751. Ein wesentlicher Grund: Das Amtsgericht ist nur für Streitigkeiten bis zu einem Wert von 5000 Euro zuständig. Richter Seifert erklärt, dass diese Summe einst von 10.000 Mark abgeleitet wurde. "Das ist eigentlich Stand von 1993", sagt er. Aus Sicht des Amtsgerichtes müsse die Streitwertgrenze auf 10.000 Euro erhöht werden, weil sonst klassische Zivilsachen, wie beispielsweise kleinste Blechschäden bei Autounfällen, vor dem Landgericht verhandelt werden müssten. Dabei, so die Juristen, seien gerade Zivilsachen die Kernkompetenz eines Amtsgerichtes. Und die Landgerichte seien dankbar, wenn sie Entlastung erfahren würden. Was aber beim Amtsgericht Vechta zunimmt, sind die Familiensachen. Im Jahr 2022 waren 1040 Verfahren in Vechta anhängig. "So viele wie noch nie", teilt Vogt mit. Bei 349 dieser Verfahren ging es um die elterliche Sorge und das Umgangsrecht. In 214 Verfahren davon war ein Scheidungsantrag gestellt worden. Niedrige Zinsen, eine gute wirtschaftliche Situation der Region, viel Geld vom Staat – die Corona-Hilfen etwa – sorgten nach Feststellung des Amtsgerichtes dafür, dass es kaum zu Zwangsversteigerungen und Insolvenzen kam. 2022 gab es demnach wie in den beiden Vorjahren nur 18 Verfahren. Notverkäufe von Immobilien hätten außerhalb von Zwangsversteigerungen abgewickelt werden können, heißt es dazu. Auch bei den Insolvenzen gab es nur 80 Verfahren. Vor 2019 lag die Zahl demnach doppelt so hoch. Jetzt wird aber wieder eine Zunahme solcher Fälle erwartet. Beim Amtsgericht in Vechta waren 2022 insgesamt 89 Mitarbeiter beschäftigt, davon 12 Richter. Unter den Mitarbeitern befanden sich 10 Anwärter im Rechtspflegedienst und in den Serviceeinheiten sowie ein Rechtsreferendar. Die Behörde bildet also auch kräftig aus.Konstante Fallzahlen im Strafrecht, sinkende im Zivilrecht
Kaum Zwangsversteigerungen – aber die Wende steht bevor
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