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Die Stimmgewalt des Motettenchors begeistert das Publikum

Die Friesoyther Sänger traten unter Leitung von Heinrich kleine Siemer in der Pfarrkirche St.-Marien auf. Es war eine denkwürdige Aufführung.

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Die wohl berühmteste musikalische Darstellung des Leidenswegs Jesu ist die Johannes-Passion von Bach. Diese brachte der Motettenchor Friesoythe  in der Pfarrkirche St. Marien Friesoythe zu Gehör. Foto: M. Passmann

Die wohl berühmteste musikalische Darstellung des Leidenswegs Jesu ist die Johannes-Passion von Bach. Diese brachte der Motettenchor Friesoythe  in der Pfarrkirche St. Marien Friesoythe zu Gehör. Foto: M. Passmann

Ein Kirchenjahr ohne Livemusik von Johann Sebastian Bach ist möglich, aber trostlos. Was uns die Pandemie gelehrt hat, mögen auch die Mitglieder des Motettenchors Friesoythe und dessen Leiter Heinrich kleine Siemer gedacht haben. Und so folgte auf das Weihnachtsoratorium im vergangenen Jahr jetzt eine denkwürdige Aufführung der Johannespassion, jener etwas kompakteren und dramatischeren Version der beiden erhaltenen oratorischen Passionen des Thomaskantors.

Welch ein ungeheurer Spannungsbogen dehnt sich von den herben Vorhaltsdissonanzen des Eingangschors „Herr, unser Herrscher“ bis zum anrührenden Schlusschoral „Ach Herr, lass dein lieb Engelein“! Wir erleben die Gefangennahme Jesu, das Verhör vor dem Hohen Rat der Juden, die Verleugnung des Petrus, die Auseinandersetzung zwischen Pilatus und dem Volk, schließlich Kreuzigung, Tod und Begräbnis des Erlösers. Unter all den auftretenden Protagonisten und Volksmengen konnte einer die Aufmerksamkeit der Zuhörenden vornehmlich in seinen Bann ziehen, jene Person, die eigentlich den größten Abstand zum Geschehen hatte, der Erzähler, der Evangelist.

Tenor Andreas Post gelang ein fast bühnenreifer Ausdruck

Zu verdanken war dieses Phänomen dem Tenor Andreas Post, dem es gelang, den Schilderungen der Ereignisse einen fast bühnenreifen Ausdruck zu verleihen. Ob er mit stimmlicher Allgewalt („Barrabas aber war ein Mörder!“) scheinbar die Mauern der Kirche erzittern ließ, ob er die Tränen des Petrus darstellte oder ob er die Koloraturen der Tenorarien, die er zusätzlich übernommen hatte, locker abrollte, immer war ihm die Aufmerksamkeit des Publikums sicher.

In die Nähe szenischer Darstellungen rückten auch die Dialoge zwischen Christus (Hilko Engberts, Bass) und Pilatus (Dirk Schmidt, Bass), ebenso der Zank zwischen Pilatus und dem Volk, der wortreich und ausführlich dargestellt und nur durch den zentralen Choral „Durch dein Gefängnis, Gottes Sohn, ist uns die Freiheit kommen“ unterbrochen wird.

Der Motettenchor zeigte sich bestens vorbereitet

Dirk Schmidt glänzte mit seinem geschmeidigen Bass auch in seinen Arien. Die glockige Sopranstimme von Lisa Rotländer verband sich wunderbar mit dem Flötensolo in der Arie „Ich folge dir gleichfalls“. Und Johanna Rademacher (Alt) überzeugte mit ihrer warmen Stimmgebung in der ergreifenden Arie „Es ist vollbracht“. Der Motettenchor zeigte sich in den zum Teil vertrackten Volkschören („Turbae“) bestens vorbereitet und reagierte exakt auf die Einsätze von Heinrich kleine Siemer. Die Choräle waren textgemäß interpretiert und bildeten immer wieder einen besinnlichen Ruhepunkt im turbulenten Ablauf der Passion. Das Europäische Barockorchester Le Chardon bewies einmal mehr seine Kompetenz für die Musik der Bachzeit. Faszination ging besonders von den Musizierenden der Soloinstrumente in den Arien aus. Immer wieder gestalteten sie mit Viola d'amore, Gambe, Barockflöte und Oboe da caccia wunderbare Kontrapunkte zum Gesang.

Nachdem der letzte Akkord verklungen war, verharrten die Zuhörenden eine Minute in tiefer Stille, bevor sich die Begeisterung in anhaltendem Beifall Luft machte.

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