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Wie Smartphone-Hersteller die "geplante Obsoleszenz" für sich nutzen

Kolumne: Hersteller haben ein Interesse daran, wenn Kunden möglichst oft ihre neuen Smartphone-Modelle kaufen. Um das zu erreichen, nutzen sie allerhand Tricks.

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Wenn ich den Akku meines Smartphones tauschen möchte, muss ich es in 31 Schritten auseinanderbauen. Ich brauche dafür Pentalobe-Schraubendreher, einen Fön sowie einen Saugheber. Nachdem ich mein Smartphone mit dem Fön erwärmt habe, muss ich unter anderem mit einem Plektrum das Display lösen, die Y000-Schrauben entfernen, den Akkustecker mit dem Fingernagel aus seinem Anschluss hebeln, die Halterung der Frontsensoreinheit mit einer Pinzette entfernen, genauso wie die des Lautsprechers, die Zuglasche am ersten Klebestreifen von der Unterkante des Akkus lösen und daran ziehen, bis ich schließlich den Akku entfernen kann. Danach setze ich den neuen Akku ein und muss alles wieder zusammenbauen. Wichtig: keine der Mini-Schrauben verlieren!

Nicht nur in meinem, sondern in fast allen Smartphones sind die Akkus für den Nutzer fast unerreichbar eingebaut. Dabei verlieren sie schon nach 2 bis 3 Jahren spürbar an Leistung. Der Vorwurf: Die Hersteller wollen nicht, dass die Nutzer den Akku tauschen. Sie sollen sich stattdessen ein neues Handy kaufen.

Die Hersteller dementieren das. Sie begründen die fest verbauten Akkus unter anderem damit, dass sie so die Herstellungskosten reduzieren und das Smartphone flacher bauen können. Zudem könnten sie es so besser vor Wasser und Staub schützen. Gleichzeitig haben sie aber zweifellos ein Interesse daran, dass Kunden möglichst oft neue Smartphones kaufen – und manipulieren sie, um das zu erreichen.

Neue Designs sollen zum Kauf verleiten

Dass der Akku nach tausenden Ladezyklen an Leistung verliert, können die Hersteller (noch) nicht verhindern. Dennoch wird zum Beispiel Apple schon lange vorgeworfen, seine Produkte absichtlich schneller verschleißen zu lassen. Das Unternehmen musste 2017 zugeben, seine iPhones durch Updates gezielt verlangsamt zu haben. Aktuell wirft die Pariser Staatsanwaltschaft Apple vor, Reparaturen seiner Geräte in unzulässiger Weise zu verhindern.

"Die Hersteller manipulieren Nutzer, um möglichst viele neue Smartphones zu verkaufen."

Der geplante Verschleiß („geplante Obsoleszenz“) nimmt mehrere Formen an. Hersteller verlangsamen Smartphones nicht nur oder bieten für ältere Modelle keine Updates mehr an, sie verändern auch das Design der neuen Modelle so, dass ältere Versionen im wahrsten Sinne des Wortes „alt aussehen“. Wer zum Beispiel ein Smartphone mit einem dicken schwarzen Rand am oberen Ende des Displays sieht, weiß sofort, dass es „alt“ ist. Für viele ist allein das veränderte Design ein Grund, sich ein neues Handy zu kaufen – obwohl das alte Handy eigentlich noch völlig ausreicht. Smartphones sind längst Statussymbole. Und möchte man nicht auf der Höhe der Zeit sein?!

EU hat mit der Batterieverordnung eine Chance verpasst

Die Folgen liegen auf der Hand: Es werden deutlich mehr Ressourcen verbraucht, die an anderer Stelle fehlen und teurer werden. Zudem wird die Umwelt unnötig belastet, etwa durch vermeidbaren Elektroschrott. Was tun?

Wenn der Markt versagt, muss der Staat eingreifen. Die Europäische Union (EU) hatte zum Beispiel das Problem mit den Akkus erkannt und um eine vielversprechende Batterieverordnung gerungen. Die wurde im Dezember 2022 auch beschlossen und verlangt, dass Nutzer Akkus grundsätzlich tauschen können müssen. Nur: Für Smartphones und Tablets gilt das nicht. Chance verpasst.

Zuletzt hat das EU-Parlament das "Recht auf Reparatur“ beschlossen. Hersteller werden künftig verpflichtet, innerhalb der gesetzlichen Garantiezeit eine kostenlose Reparatur anzubieten. Das gilt zum Beispiel für Haushaltsgeräte – und auch für Smartphones und Tablets. Nur: Wer legt sein Smartphone schon gerne in fremde Hände?


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