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Warum sich Ulla Kampers für die berufliche Integration geflüchteter Menschen einsetzt

Die Personal- und Finanzleiterin der Firma Nordluft aus Lohne ist Regionalbotschafterin für das Netzwerk "Unternehmen integrieren Flüchtlinge". Nun will sie Migrantinnen für den Arbeitsmarkt gewinnen.

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Eine "Lautsprecherin" für die berufliche Integration geflüchteter Menschen: Ulla Kampers aus Lohne. Foto: Bernd Brundert

Eine "Lautsprecherin" für die berufliche Integration geflüchteter Menschen: Ulla Kampers aus Lohne. Foto: Bernd Brundert

Geflüchtete Menschen bei der Integration in den Arbeitsmarkt zu unterstützen und zu begleiten – das ist Ulla Kampers ein großes Anliegen. Seit Mitte 2020 ist die Leiterin für Personal und Finanzen des Unternehmens Nordluft Wärme- und Lüftungstechnik aus Lohne die Regionalbotschafterin in Niedersachsen für das bundesweite Netzwerk "Unternehmen integrieren Flüchtlinge".

Auch wenn die Corona-Pandemie die Aktivitäten der Lohnerin ausgebremst hat – ihr Engagement kann die Krise nicht stoppen. "Als Regionalbotschafterin möchte ich mich aktiv einbringen", sagt sie.

In Kooperation mit den niedersächsischen Willkommenslotsen Bettina Doneit (Industrie- und Handelskammer), Hussein Kerri (Handwerkskammer) und Lydia Vaske (Landwirtschaftskammer) will Kampers nun den Fokus auf die berufliche Integration von Migrantinnen legen. Dazu hat sie ein Pilotprojekt initiiert, das in den kommenden Wochen in Lohne starten soll.

Kampers' Konzept besteht aus 3 Schritten

Wie können wir geflüchtete Frauen beim Eintritt in den Arbeitsmarkt unterstützen? Das fragte sich Ulla Kampers. Sie sprach viel mit Ulla gr. Holthaus, Vorsitzende des Runden Tisches für Integration und Völkerverständigung Lohne. Aus den Ideen wurden Vorschläge, aus denen schließlich ein 3-stufiges Konzept. Damit wurde Kampers bei den Willkommenslotsen vorstellig – und überzeugte.

Ihr Konzept besteht aus 3 Schritten. Zu Beginn geht es um die Berufsberatung und Information. "Wir analysieren die Stärken und Neigungen der Teilnehmerinnen", erläutert Kampers. Um Praxisbeispiele zu vermitteln und die Motivation der geflüchteten Frauen zu fördern, stellen zwei Migrantinnen, die den Sprung ins Berufsleben bereits gemeistert haben, ihre Arbeit vor.

Pilotprojekt startet demnächst in Lohne

Im 2. Schritt steht ein klassisches Bewerbertraining mit einem fiktiven Vorstellungsgespräch auf dem Programm. Zum Abschluss sollen die Teilnehmerinnen in Praktika erste Erfahrungen im Berufsfeld ihrer Wahl sammeln. "Dabei baue ich auf die Unterstützung durch Unternehmen aus Lohne", sagt Kampers. Denn: Die 5 Frauen, die bei der ersten Runde des Projekts mitmachen, stammen allesamt aus der zweitgrößten Stadt im Landkreis Vechta. Außerdem hat die Personal- und Finanzleiterin das Ludgerus-Werk in Lohne als Veranstaltungsort für den Workshop gewinnen können.

Kampers hofft, das Projekt nach einer erfolgreichen Premiere auf die Region Weser-Ems und perspektivisch ganz Niedersachsen ausweiten zu können. Die Regionalbotschafterin ist von ihrem Konzept überzeugt, sagt aber auch: "Wenn es uns anfangs gelingt, eine der Frauen in der Arbeitswelt zu integrieren, ist das schon ein Erfolg."

Kampers hat noch ein weiteres Eisen im Feuer. Gemeinsam mit der Regionalbotschafterin Hessen, Jenny Ärlemalm, findet im Juni in Kooperation mit dem Möbelhaus Ikea eine virtuelle "Roadshow" statt, bei der ebenfalls die berufliche Integration geflüchteter Frauen im Fokus steht.

Ulla Kampers erläutert ihre Motivation

Aber warum engagiert sich Kampers überhaupt? Warum ist sie als "Lautsprecherin" für die berufliche Integration geflüchteter Menschen aktiv? Da seien zum eigenen die eigenen Erfahrungen, erzählt Kampers.  2015 gab Nordluft zwei Flüchtlingen eine berufliche Chance. Einer von ihnen war Tamer Suleiman. Über Praktikum und Einstiegsqualifikation gelang dem jungen Syrer der Sprung in die Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik.

Kampers selbst investierte viel Zeit und Energie in die Begleitung der Flüchtlinge bei Nordluft – "und es hat sich gelohnt". Sie konstatiert: "Wenn die Menschen hier angekommen sind, sollten wir sie dabei unterstützen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten." 

Ulla Kampers ist verantwortlich für Personal und Finanzen bei der Firma Nordluft in Lohne. Foto: Michaela RehmUlla Kampers ist verantwortlich für Personal und Finanzen bei der Firma Nordluft in Lohne. Foto: Michaela Rehm

Der Weg ist mühsam – und nicht immer erfolgreich

Sie betont auch, dass Deutschland nicht das Land sein dürfe, in dem es sich Geflüchtete in der "sozialen Hängematte" gemütlich machen können. "Wer ein schönes Leben ohne Arbeit will, der darf gerne zurück in sein Heimatland." Kampers ist es aber wichtig, denen, die arbeiten möchten, eine Chance zu geben.

Dass es oft ein mühsamer und nicht immer von Erfolg gekrönter Weg ist, gibt die Lohnerin offen zu. So stieß sie zeitweise auf fast unüberwindbare bürokratische Hürden. Beispielsweise bekamen Geflüchtete aus Afghanistan bis zum Sommer 2019 keinerlei Zugang zu ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH). Doch Kampers kämpfte. Mit Unterstützung von der CDU-Bundestagsabgeordnete Silvia Breher und der Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Vechta, Tina Heliosch, startete sie eine Petition, die schließlich in Berlin im Deutschen Bundestag landete. "Wir waren sicherlich nicht die Einzigen, die zu diesem Thema gehört wurden."

Der Leiterin Personal und Finanzen ist darüber hinaus bewusst, dass die Betriebe dringend Arbeitskräfte benötigen. "Wir hatten 2021 bisher keine einzige Bewerbung für eine Ausbildung in unserer Produktion", beklagt sie. Auch Fachkräfte seien Mangelware – trotz Recruiting auf allen Kanälen. "Wenn ich schon höre, dass Flüchtlinge anderen den Arbeitsplatz wegnehmen: Wem denn?", fragt Kampers.

"Das berührt mich mehr als jedes Geschenk."Ulla Kampers (Leiterin Personal und Finanzen bei Nordluft in Lohne) über die Dankbarkeit der Menschen, die sie unterstützt

Als Beispiel dafür, dass das Engagement für die berufliche Integration geflüchteter Menschen durchaus erfolgreich sein kann, erzählt sie noch einmal von Tamer Suleiman. "Im Herbst 2015 konnte er kein Wort Deutsch. Heute macht er seine Steuererklärung selbst." Sie ist stolz auf ihren Schützling, der weiterhin im Betrieb arbeitet und mittlerweile eine uneingeschränkte Aufenthaltsgenehmigung erhalten hat.

Kampers sagt, dass die Menschen ihr den persönlichen Einsatz fast immer mit großer Dankbarkeit zurückzahlen. "Das berührt mich mehr als jedes Geschenk."

  • Info: Ulla Kampers ist per E-Mail (u.kampers@nordluft.com) erreichbar.

Fakten:

  • Das Netzwerk "Unternehmen integrieren Flüchtlinge" wurde im März 2016 auf Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) gegründet. 
  • Das Netzwerk unterstützt Betriebe, die geflüchtete Menschen beschäftigen und/oder ausbilden oder sich für die Integration von Geflüchteten ehrenamtlich engagieren wollen. Es organisiert den Erfahrungsaustausch zwischen den Unternehmen und stellt Best-Practice-Beispiele vor.
  • Das bundesweite Netzwerk hat 2700 Mitgliedsunternehmen.
  • Die Firma Nordluft Wärme- und Lüftungstechnik aus Lohne gehört zu den Gründungsmitgliedern des Netzwerks.
  • Ulla Kampers ist Leiterin für Personal und Finanzen in dem Betrieb, in dem etwa 80 Mitarbeiter beschäftigt sind.
  • Die Lohnerin ist seit Mitte 2020 niedersächsische Regionalbotschafterin des Netzwerks "Unternehmen integrieren Flüchtlinge". 

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