Natürlich, in Zeiten einer hohen Inflation versucht jede Gewerkschaft für die von ihr vertretenen Berufsgruppen ein Maximum an Lohn- beziehungsweise Gehaltssteigerungen herauszuholen. Das ist verständlich, schließlich wollen die Mitglieder keinen Reallohnverlust in Kauf nehmen. Aber: Die 10,1 Prozent, die Verdi und der Deutsche Beamtenbund (dbb) nun in den Verhandlungen mit den Vertretern von Bund und Kommunen fordern, wären ein viel zu großer Schluck aus der Pulle, wenn diese Zahl tatsächlich am Ende der Gespräche stehen würde.
Wird sie allerdings nicht, das ist schon klar. Auch, wenn es zwischenzeitlich Warnstreiks geben sollte. Verdi und dbb sind nach dem alten Schema in die Verhandlungen eingestiegen, deutlich mehr zu fordern, als sie tatsächlich für realistisch halten zu erreichen. Runterhandeln lassen können sich die Arbeitnehmervertreter schließlich immer.
Aber: Je höher der Tarifabschluss ist, desto mehr wird sich die Lohn-Preis-Spirale drehen und desto tiefer wird der Steuerzahler, der letztlich derjenige ist, der den gesamten Öffentlichen Dienst finanziert, in die eigene Geldbörse greifen müssen und weiter belastet werden. Deswegen haben Verdi und der dbb nicht nur eine Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern, sondern gegenüber dem gesamten Land. Schließlich sind nicht in jeder Branche deutliche Gehaltsanhebungen möglich in Zeiten, in denen die Unternehmen mit vielen exorbitanten Ausgabensteigerungen kämpfen, die sie entweder durch umsichtiges Wirtschaften wie auch immer auffangen oder daran scheitern werden. Sie können die höheren Kosten nicht so einfach auf ihre Kunden abwälzen wie die Öffentliche Hand auf die Bürger.