Nach 13 Monaten Corona, Inzidenzwerten jenseits der 200er-Marke und einem Lockdown nach dem anderen ist an Urlaub im Hotel, an große Feiern im Saal eines Gasthauses oder an das Familientreffen mit Hotelübernachtung nicht zu denken. Logischerweise ist die Stimmung bei Hoteliers und Gastronomen dadurch nicht die beste. Aufgeben aber scheint derzeit für die meisten noch keine Option.
"Ich habe von Hotelpleiten oder von der dauerhaften Schließung eines größeren Gasthofes im Landkreis Cloppenburg bislang nichts gehört", sagt Hildegard Kuhlen, die Geschäftsführerin des Bezirksverbandes Weser-Ems im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Die Aufgabe kleinerer Lokale mag sie allerdings nicht ausschließen, so wie sie auch davon ausgeht, dass der eine oder andere Gastronom darüber nachdenkt, ob sich das Geschäft noch lohnt. Von einem Flächenbrand allerdings könne, so Kuhlen, keine Rede sein.
"Nur von Luft und Liebe kann ja niemand leben, und wenn dann noch Zins und Tilgung hinzukommen, wird es einfach eng."Bernd Sieger, Dehoga-Vorsitzender
Leicht allerdings sei es für Gastronomen und Hoteliers derzeit wirklich nicht, sagt Bernd Sieger, Inhaber des Gasthofs Sieger in Thüle und Vorsitzender des Dehoga-Bezirksverbandes. „Bei uns wie bei vielen Landgasthöfen ist der Saalbetrieb der Hauptzweig, aber große Feste wie Hochzeiten sind alle verschoben oder ganz abgesagt“, erzählt er.
Sieger hat beobachtet, dass einige Gastronomen Kücheninstrumente in internen WhatsApp-Gruppen zum Verkauf anbieten. "Ob die jetzt aufgeben oder mit Blick auf bessere Zeiten etwas Neues kaufen, weiß ich aber natürlich nicht", sagt er. "Nur von Luft und Liebe kann aber ja niemand leben, und wenn dann noch Zins und Tilgung hinzukommen, wird es einfach eng."
Heinrich Göken hofft auf klare Ansagen der Politik
Deshalb hofft er auf die Politik. "Die November- und Dezemberhilfe hat gut getan, da muss jetzt wieder was kommen", sagt er und wirft das Stichwort „Unternehmerlohn“ in den Raum. Vor allem aber fordert er von der Politik, "endlich einen belastbaren Öffnungsplan für die Branche zu entwickeln".
Auf Verlässlichkeit in der Politik und auf klare Ansagen hofft auch Hotelier Heinrich Göken, der an der Thülsfelder Talsperre das Hotel Seeblick betreibt. "Durch die unterschiedlichen Maßnahmen, die sich an den Inzidenzwerten orientieren, wirkt alles irgendwie so wischiwaschi und wenig durchdacht", sagt er. Und wenn dann noch so ein "krasser Fehler" wie die Öffnung Mallorcas bei gleichzeitigem Lockdown in Deutschland hinzukomme, "dann wünscht man sich doch irgendwie mehr Gleichbehandlung."
"Die Leute wollten schon im vergangenen Jahr vor allem draußen sitzen, die haben sich nicht nach innen getraut. Und das wird in diesem Jahr wegen der Diskussion um die Aerosole sicher noch stärker."Heinrich Göken, Gastronom und Hotelier
Die allerdings an den unterschiedlichen Auswirkungen der Pandemie auf die einzelnen Betriebe des Hotel- und Gastgewerbes auch nichts ändern würde. Zu verschieden sind die Ausgangspositionen der einzelnen Betriebe. "Wir haben Hotel und Gastronomie und einen Außenbereich", sagt Göken. "Bei Bernd Sieger mit dem Saalbetrieb schaut es anders aus." Und ohne Außengastronomie habe man derzeit ohnehin schlechte Karten. "Die Leute wollten schon im vergangenen Jahr vor allem draußen sitzen, die haben sich nicht nach innen getraut", erzählt Göken. "Und das wird in diesem Jahr wegen der Diskussion um die Aerosole sicher noch stärker."
Selbst wenn eine Bewirtung auf der Terrasse nicht möglich sei, könne er doch die Lage an der Talsperre nutzen und über einen "Fensterverkauf" Kuchen, alkoholfreie Getränke oder auch Currywurst mit Pommes anbieten. "Das ist im vergangenen Jahr wahnsinnig gut angenommen worden und damit wollen wir, wenn das Wetter mitmacht, am Wochenende auch wieder starten."
13 Mitarbeiter musste Göken in Kurzarbeit schicken
Ein Vorteil sei für ihn auch der Hotelbetrieb. "Von montags bis freitags können wir Gäste aufnehmen, die aus beruflichen oder sonstigen unaufschiebbaren wichtigen Gründen unterwegs sind", erläutert der Hotelier. "Das müssen wir uns natürlich nachweisen lassen, wir fragen aber auch direkt bei der Buchung schon danach." 8 bis 10 der insgesamt 20 Zimmer des Seeblicks seien so häufig belegt.
Von eitel Sonnenschein könne allerdings trotzdem keine Rede sein. "Im vergangenen Jahr gab es Phasen, da war es einfach katastrophal", sagt Göken. Und auch jetzt funktioniert es nur, wenn man Kosten minimiert. "Wir haben Kredite gestreckt und 13 Leute in Kurzarbeit schicken müssen", erläutert er. 2 Azubis arbeiten derzeit neben Heinrich und Gaby Göken noch im Hotel. "Wir sind halt selbstständig", sagt er. "Wir arbeiten selbst und ständig."
Zur Arbeit gehört auch, die Strukturen und das Konzept des Hauses zu überdenken. "Dafür hat man jetzt genug Zeit", hat Göken festgestellt. Das ist dann irgendwie auch eine Investition in die Zukunft, ein Blick nach vorne. "Wir haben", sagt der Hotelier, "den Optimismus noch nicht verloren."