Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat die Arbeitsquarantäne für Werkarbeiter des Schlachthofs Weidemark im emsländischen Sögel kritisiert. "Besser wäre es auf jeden Fall, die Beschäftigten könnten wie normalerweise üblich zu Hause bleiben, um so ihre Gesundheit nicht weiterhin aufs Spiel zu setzen", sagte Piotr Mazurek vom DGB-Projekt "Faire Mobilität" in Oldenburg. Er schloss sich damit der zuvor schon von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) geäußerten Kritik an.
Aufgrund von hohen Corona-Infektionszahlen unter Mitarbeitern des zum Tönnies-Konzern gehörenden Weidemark-Schlachthofes in Sögel wollte der Landkreis Emsland den Betrieb zunächst bis zum 3. November schließen. Dann hatte sich die Behörde mit dem Unternehmen auf eine Arbeitsquarantäne geeinigt, wonach sich die betroffenen Mitarbeiter nur zwischen Unterkunft und Arbeitsstelle bewegen dürfen. Das Unternehmen Weidemark hatte dabei zugesagt, die Umsetzung dieser Art der Quarantäne engmaschig zu kontrollieren. Nach Anordnung des Landkreises müssen die Beschäftigten des Betriebs in Sögel feste Gruppen bilden, die nicht ge- und vermischt werden.
"Haben Sie schon was von erhöhten Corona-Infektionen in der Autoindustrie gehört?"Piotr Mazurek, DGB-Projekt "Faire Mobilität"
Mazurek sagte, dieses Konzept zeige den großen Druck, der in der Schlachtbranche auch unter Corona-Bedingungen herrsche. Trotz aller Beteuerungen der Fleischbranche, ein Hygienekonzept umzusetzen, sei dieser Bereich offenkundig nach wie vor anfälliger für Corona-Infektionen als andere Wirtschaftszweige. "Haben Sie schon was von erhöhten Corona-Infektionen in der Autoindustrie gehört?", fragte der DGB-Experte. Er sehe nach wie die Arbeitsbedingungen und die schlechten Wohnbedingungen in der Branche als Mitursache für die immer wieder auftretenden Neuinfektionen unter Schlachthofmitarbeitern.
Brümmer: Schlachthofmitarbeiter steckten sich im Privatleben an
Auch der Oldenburger NGG-Regionalgeschäftsführer Matthias Brümmer beklagte, dass die Ursachen der Infektionen in den Schlacht- und Zerlegebetrieben noch nicht bekannt seien. Dass sich die Schlachthofmitarbeiter vor allem außerhalb der Arbeit im Privatleben ansteckten, sei nicht bewiesen. "Das sind durch nichts nachgewiesene Behauptungen, die natürlich gemacht werden, um die Industrie in einem bestimmten Licht stehen zu lassen, damit es nicht dazu kommt, dass die Diskussion über sie weitergeführt wird", sagte Brümmer. Die Arbeitsquarantäne sehe er kritisch. Eine rechtliche Handhabe habe die Gewerkschaft dagegen nicht.
Auf Zustimmung stieß das Konzept der Arbeitsquarantäne hingegen bei der Landesregierung. "Nach meiner Einschätzung ist für den Schlachthof in Sögel jetzt eine Lösung gefunden worden, die sowohl dem unbedingt notwendigen Infektionsschutz als auch den gravierenden Problemen der Landwirtinnen und Landwirte gerecht wird", erklärte Landessozialministerin Carola Reimann (SPD). Die Schließung des Schlachthofes war vorvergangene Woche auf vehemente Kritik aus der Landwirtschaft gestoßen, weil dadurch die Schlachtkapazitäten noch weiter sanken.