Wenn der Knockout eine Nebenrolle spielt
Beim Box-Sparring in Cloppenburg steht nicht der Sieg im Fokus. Worauf es stattdessen ankommt.
Thorin Mentrup | 12.04.2023
Beim Box-Sparring in Cloppenburg steht nicht der Sieg im Fokus. Worauf es stattdessen ankommt.
Thorin Mentrup | 12.04.2023
Die perfekte Wettkampfsimulation: Beim Sparring stand auch FuS-Talent Kiril Huziiev (rechts) im Ring. Foto: Mentrup
Es macht nicht den Eindruck, als würden sich die Kämpfer in der Sporthalle am Cappelner Damm schonen. Das ist auch gut so, denn das sollen sie auch gar nicht. Allerdings geht es an diesem Samstag nicht um Sieg oder Niederlage, sondern vielmehr darum, Erfahrungen zu sammeln. Die Boxer von Freizeit und Sport (FuS) Cloppenburg richten ein Sparring aus, Trainingskämpfe, die einem Wettkampf sehr nahe kommen. So nah, dass sich der eine oder andere Aktive eine blutige Nase abholt. Das gehört zum Sparring dazu. Es geht zur Sache – sowohl in dem Hochring in der großen Halle als auch in dem Ring in dem wesentlich kleineren Raum daneben. Dort, wo die Decke niedrig und das Licht selbst an einem April-Nachmittag eher dämmrig ist, herrscht eine ganz spezielle Atmosphäre, die fast an die Kampfabende im Bar-Keller aus dem Film „Fight Club“ erinnert. Allerdings sind die Sparrings-Duelle von Auseinandersetzungen wie im Kino weit entfernt. Sie folgen klaren Regeln, auch geht es in erster Linie nicht ums Gewinnen oder Verlieren. Ein Knockout steht nicht im Fokus, wie Wladimir Sterlikow erklärt, sondern vielmehr die Wettkampf-Simulation. „Alle Boxer trainieren viel, sie wollen aber auch wissen, wie gut sie sind. Beim Sparring ist das Adrenalin viel höher, und auch die Atmosphäre ist ganz ähnlich wie bei einem Wettkampf.“ Gemeinsam mit Aktiven aus etlichen anderen niedersächsischen Vereinen proben die Cloppenburger also den Ernstfall, wenn es wirklich darum geht, den Ring als Sieger zu verlassen. „Wer hier gut ist, der ist auch im Wettkampf gut“, verdeutlicht Sterlikow. Natürlich gebe es Unterschiede zwischen dem Sparring und dem echten Kampf. Das fällt am Samstag unter anderem dadurch auf, dass Ringrichter Horst Klose „in zivil“ mit burgunderfarbenem Pullover und blauer Jeans die Kämpfe in geregelten Bahnen hält. „Aber ein Sparring ist die beste Simulation“, weiß Sterlikow, der rund 20 Kämpferinnen und Kämpfer in den Ring schickt, damit sie ihre Technik verbessern und ihre Fähigkeiten weiter verfeinern. Das Sparring baut auf dem auf, was sich die Boxer im Training erarbeitet haben. Was im Ring geschieht, verfolgt auch Michael Borchardt ganz genau. „Wettkampfnahes Training ist essenziell“, weiß der Sportwart des Box-Verbandes Weser-Ems um die große Bedeutung solcher Sparring-Veranstaltungen für die Entwicklung der Boxerinnen und Boxer. Aus Trainersicht stünden dabei etwa die Beinarbeit und die Ausführung der Schläge im Fokus. Darüber hinaus lernen die Aktiven, sich schnell auf einen unbekannten Kontrahenten – oder in diesem Fall Sparringspartner – einzustellen. Denn anders als im Profiboxen mit wenigen Kämpfen pro Jahr stehen die Aktiven beim olympischen Boxen häufiger im Ring. „Bei den Deutschen Meisterschaften kann es sein, dass du Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag bis zum Finale kämpfen musst“, erklärt Borchardt. Eine monatelange, detaillierte Vorbereitung auf einen Kampf und einen Gegner ist da gar nicht möglich. Generell gilt laut Borchardt: Minimum zehn Kämpfe sollte man im Jahr schon bestreiten. Das ist ein ganz anderes Pensum als bei den Profis. Ein gutes Beispiel dafür sind die Cloppenburger selbst. Im März fanden bei ihnen noch die Weser-Ems-Meisterschaften statt, danach kämpften einige von ihnen noch bei den Landesmeisterschaften. Und am 29. April steht bereits die nächste Veranstaltung an: Dann richten sie wieder ein Turnier aus – es geht also wahrlich Schlag auf Schlag. Teil der Vorbereitung ist auch das Sparring. Der Feinschliff für den nächsten Box-Höhepunkt in der Kreisstadt hat also längst begonnen. Bei diesem wird es auch einen Sieger am Ende des Kampfes geben. Das war beim Sparring am Samstag anders: Da entschied die rot-blaue Ecke jedes einzelne Duell für sich.
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