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Traurig, aber wahr: England spielt wie Deutschland früher

Kolumne: WM in der Wüste – Thema: Zwischenfazit nach der Gruppenphase und den ersten Achtelfinalspielen.

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Die Gruppenphase der WM hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich habe wieder gemerkt, wie sehr ich diesen sportlichen Aspekt einer Weltmeisterschaft mag. Es treffen so viele Nationen und Kulturen aufeinander. Wenn sie gegeneinander spielen, sieht man die Vielfalt auf dem Platz. Jeder hat einen anderen Ansatz, eine andere Spielkultur. Das zu sehen, macht mir einfach viel Freude. Ich habe auch viele gute Spiele gesehen. Dass Gary Lineker von der besten WM-Gruppenphase gesprochen hat, kann ich schwer beurteilen. Ich habe ja noch nicht so viele Weltmeisterschaften bewusst erlebt.

Natürlich waren jetzt in Katar auch ein paar langweilige Spiele dabei, aber das ist völlig normal bei dieser Masse an Partien. Das eine oder andere 0:0 hat es ja auch gegeben, aber das heißt ja nicht, dass alle schlecht waren.

Mir ist aufgefallen, dass viele Mannschaften einen defensiven Ansatz gewählt haben. Die Stabilität stand über allem. Viele hatten vier Spieler in der Absicherung, teilweise sogar fünf. Aber in der Gruppenphase kannst du halt auch ein bisschen mit den Ergebnissen taktieren. Es geht in erster Linie um das Weiterkommen, nur das zählt.

Ich habe gelesen, dass erstmals seit der WM 1994 keine Mannschaft alle drei Gruppenspiele gewinnen konnte. Das spricht dafür, dass sich die Mannschaften vom Niveau her angenähert haben. Australien und die USA, die Afrikaner und die Asiaten – sie alle haben aufgeholt.

Man muss aber auch sehen, dass Frankreich und Brasilien im letzten Gruppenspiel fast ihre komplette erste Elf geschont haben. Sie wollten ein paar Körner sparen, die meisten Spieler haben eine komplette Hinserie in den Knochen, das darf man nicht vergessen. Die Taktung der Spiele bei der WM ist eng. Wenn man dann die Chance hat, sich die Frische etwas zu bewahren, dann muss man das machen. Und die WM-Vorbereitung war ja auch kurz, ich kann das nachvollziehen.

Im Achtelfinale ist die Phase des Taktierens vorbei, das hat man in den ersten Spielen gesehen. Sobald das erste Tor fällt, kommen alle aus der Deckung. Die Spiele werden offener, da war schon der eine oder andere offene Schlagabtausch dabei. Es wird immer interessanter.

Die USA haben mich in der Gruppenphase überrascht. Auch wenn sie im Achtelfinale rausgeflogen sind, so stark hatte ich sie nicht erwartet. Die Niederlande haben sehr pragmatisch gespielt, nicht besonders begeisternd, aber sie stehen im Viertelfinale und wir Deutsche sind mit einem deutlich offensiveren Stil rausgeflogen.

Bei den Engländern ist es ähnlich, und sie haben noch mehr Qualität in der Offensive als die Holländer. Die Engländer hatten einen total defensiven Ansatz. Sie spielen ein bisschen so wie wir Deutschen früher – sehr professionell, sehr stabil, sehr effektiv und gnadenlos. Es ist traurig, dass ich sagen muss, dass die Engländer jetzt so spielen, wie wir es jahrelang gemacht haben. Sie gehören für mich zum Kreis der Titelfavoriten, nach Brasilien und Frankreich.

Die Spielart von Australien fand' ich sehr erfrischend, sehr überraschend. Das gilt auch für Kanada; sie sind zwar klar ausgeschieden, waren aber eine der wenigen Mannschaften, die auf totale Offensive gesetzt haben. Das war mutig, leider nur nicht erfolgreich.

Dass mit Marokko und Senegal zwei afrikanische und mit Japan und Südkorea zwei asiatische Mannschaften die Gruppenphase überstanden haben, ist cool. Es zeigt, dass die Mitte des internationalen Fußballs immer enger zusammenrückt, dass dort gute Arbeit geleistet wird. Bemerkenswert war auch, dass Japan es mit taktischen Mitteln geschafft hat, die Spiele gegen Deutschland und Spanien zu drehen.

Zu den Enttäuschungen der WM: natürlich Deutschland, keine Frage. Und auch Dänemark und Belgien, das mit seiner einst goldenen Generation die großen Erwartungen überhaupt nicht erfüllt hat.

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