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Tore – ungewollt gekonnt oder brasilianisch gewollt

Kolumne: Kopfball zum großen Kick – Thema: Besondere Treffer in der Bundesliga.

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Ein schöner Rücken kann auch entzücken. Bei Heidi Klum, weniger im Fußball. Und doch konnte er dort verzücken, Brandts Rücken. 25 Torschüsse feuerte Borussia Dortmund auf Hoffenheims Kasten ab – und dann ging nur so’n Ding rein. Analysten sprechen da von perfekter Freistoßhärte, präziser Flugbahn der Flanke, einstudiertem Laufweg und optimalem Ballkontakt. Als ob’s gewollt wäre. Ein Tor, geplant auf dem Reißbrett. Es ist, wie es ist: Julian Brandt duckte sich nur weg und wollte den Ball durchlaufen lassen. Stattdessen ploppte die Kugel von seinem Rücken ins Netz. Dem seit Wochen überragenden Dortmunder gelingt zurzeit einfach alles. Sogar das, was er gar nicht vorhat. Es läuft bei ihm und Dortmund.

Das Wochenende war voll an solch verrückten bis zauberhaften Toren. Wie Brandts Kunstwerk reihte sich der Treffer von Timo Werner in die Kategorie „ungewollt gekonnt“ ein. Der Leipziger geriet wie so oft ins Straucheln und stolperte beim Sortieren seiner Beine die Kugel irgendwie an Kevin Trapp vorbei zum 1:0. Wäre er nicht ins Stolpern geraten, wär’s wohl nichts geworden.

Ein Kunststück aus dem obersten Regal der Traumtore zog dagegen Marius Bülter. Hinter seinem Rücken schlenzte der Schalker den Ball mit der Hacke zum 2:0 ins Stuttgarter Gehäuse. Kategorie „gewollt brasilianisch“. Apropos Brasilianer: Rivelino, der 1970 mit Pele die WM-Krone holte, zählte zu den raffiniertesten Freistoßschützen des Planeten. Bei der WM 1974 stellte der Linksfuß einen Mitspieler in die DDR-Mauer. Rivelino donnerte den Ball Richtung Mauer, der Mitspieler ließ sich fallen und der Ball knallte hüfthoch durch diese Lücke ins Tor.

„Ein Tor mit dem Rücken macht die Brust noch breiter.“Franz-Josef Schlömer

Ähnlich präzise trickste Marvin Ducksch. Nicht hüfthoch, sondern flach. Genial, der Bremer traf unter der hochspringenden Bochumer Mauer hindurch zum 3:0. Viele werden fragen, warum hinter der Mauer kein Spieler am Boden lag. Ist ja trendy. Andererseits: Wer kann sich bei den Tausenden von Freistößen in diesem Jahrhundert an ein Freistoßtor erinnern, wo der Ball unter der Mauer durchflutschte? So ein Tor ist noch unwahrscheinlicher als ein Freistoßtor von Cristiano Ronaldo.

Ein Murmeltor fing sich Kölns Keeper Marvin Schwäbe. Doch der Schütze, Wolfsburgs Yannick Gerhardt? Kein Jubel, keine Mimik. Aus Respekt vor seinem Ex-Verein. Wie so häufig ein tiefenpsychologisches Geschwurbel. Wenn es mir leid tut, gegen einen ehemaligen Verein zu treffen, dann schieße ich daneben. Oder sage dem Trainer, lass mich draußen. Ehrlicher dagegen Marco Richter von den gebeutelten Herthanern. Nach seinem Führungstor gegen Augsburg stürmte er in die Ecke, rutschte auf den Knien über den Rasen und ließ sich abfeiern. Marco Richter, in Friedberg bei Augsburg geboren, mit 15 Jahren zum FCA gekommen, jetzt Hertha. Ein Fußballer mit Herz, der sich wie ein Schneekönig im Schneegestöber freute.

Das Tor des Tages fiel indes von Brandts Rücken. Und: Ein Tor mit dem Rücken macht die Brust noch breiter. Bei Julian Brandt, beim BVB. Der siebte Sieg im siebten Liga-Spiel des Jahres – es läuft und hält den Titelkampf spannend. Dass wir das am Ende eines Winters noch erleben durften.

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