Hass gegen Eberl verletzt die Menschenwürde
Kolumne: Kopfball zum großen Kick – Thema: Der Umgang der Fanszene mit Max dem RB-Sportchef.
Franz-Josef Schlömer | 13.03.2023
Kolumne: Kopfball zum großen Kick – Thema: Der Umgang der Fanszene mit Max dem RB-Sportchef.
Franz-Josef Schlömer | 13.03.2023
Die trostlose Ruhe in den leeren Stadien gehört längst zur Corona-Geschichte, glücklicherweise geht’s wieder laut und stimmungsvoll zu. In Leipzig sogar mit unsäglichem Getöse. Wie einst bei der WM 2010 mit den nervtötenden Vuvuzelas in Südafrika. Die 4000 Gladbach-Fans tröteten die ersten 19 Minuten in ihrem Block mit Trillerpfeifen, nach gut zwölf Minuten ging vielen die Puste aus, am Ende trillerten sie alle noch mal mit Krawall. Als Protest gegen das Fußballprojekt RB Leipzig. So weit, so gut. Erbärmlich dagegen die Hassplakate gegen Max Eberl. „Leere Worte nur zum Schein, für uns nur ein Bullenschwein“. Oder: „Wunderheilung durch Red Bull – wenn Lügen zum Geschäftsmodell wird“. Die Unterstellung einer vorgespielten Krankheit – eine abscheuliche Attacke gegen den jahrelang geschätzten Ex-Manager, der nach seiner Burnout-Pause nur den Verein gewechselt hat. Wie gerne denke ich da an 1975 zurück, als ich mit meinen Kumpels die Gladbacher Fohlen in Düsseldorf im Uefa-Cup-Finale gegen Twente Enschede angefeuert habe und mich mit allen Gladbacher Fans identifizieren konnte. Aber heute? Wo ist die vermutlich schweigende Mehrheit der Gladbach-Fans, die gegen menschenverachtende Plakate ihre Stimme erhebt? Und die Klubführung appelliert vorher hemdsärmelig, nicht unterhalb der Gürtellinie zu beleidigen. Oberhalb war okay. Da wünschte ich mir Verantwortliche, die sich mit einem großen Banner im Stadion hinstellen: „Traditionsverein Borussia Mönchengladbach: Respekt, kein Hass!“. In der vernetzten Szene sind diese Gladbacher Ultras der Gruppe Sottocultura nicht allein. In Köln hetzten sie Anfang Februar beim Leipzig-Spiel gegen Max Eberl, eine Woche später griff man aus der bundesweit ach so gefeierten Fan-Base von Union Berlin heraus ins Klo. „Red Bull heilt Burnout“. Oder: „Eberl die Sau wird zum Bullenschwein“. Da verschlug’s sogar ihrem Kulttrainer Urs Fischer die Sprache. „Es tut mir leid“, entschuldigte er sich. Letztlich beanspruchen diese Fan-Szenen für sich die absolute Deutungshoheit im deutschen Fußball. Wir sind die Guten, ihr seid die Bösen. Das kann’s nicht sein. Und sie suchen sich Opfer wie Max Eberl. Tradition wird bei ihnen eher der Protest gegen RB Leipzig. Auch eine gewisse Scheinheiligkeit, denn abgesehen vom unterschiedlichen, sicher diskussionswürdigen Start operieren alle Klubs mit gleichen Methoden im Fußballgeschäft. Und ein Klub, der im Schnitt über 45.000 Zuschauer zu seinen Heimspielen lockt, tut dem Osten gut. Letztlich sollte man diesem ideologischen Klassenkampf auch medial nicht so große Bedeutung beimessen, damit sich alles normalisiert. Die perfiden Dortmunder Hass-Banner mit Hoffenheims Dietmar Hopp im Fadenkreuz sind auch verschwunden, noch schneller damals die „Koan-Neuer“-Tiraden bei den Bayern-Fans. Dort heißt es neuerdings „Koan Katar“ – das hat Charme. Die Zeit spielt für den erfrischend offenen und fast überall geschätzten Sympathieträger Max Eberl, aber es wird dauern. Eher werden wohl die Trillerpfeifen verstummen. Das Getöse dürfte den Fans im Block zeitig auf die Ohren gehen. Vielleicht auch aufs Gehirn."Wir sind die Guten, ihr seid die Bösen"Franz-Josef Schlömer
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