Eine Ergebniskrise klingt verharmlosend schön
Kolumne: Kopfball zum großen Kick – Thema: Bayern-Theater und Unioner Gelassenheit.
Franz-Josef Schlömer | 30.01.2023
Kolumne: Kopfball zum großen Kick – Thema: Bayern-Theater und Unioner Gelassenheit.
Franz-Josef Schlömer | 30.01.2023
Dreimal scheint nicht nur Oldenburger Recht zu sein, sondern auch Münchner. Aber dreimal 1:1 – das kann den Münchnern nicht recht sein. Bislang keine Spur vom alten „Mia san mia“ beim FC Bayern 2023. Kein berauschender Fußball, dafür ließ es der Rekordmeister im neuen Jahr nur im Blätterwald rauschen. Beste Unterhaltung. Neuers Ski-Horror-Theater, Gucci-Gnabry im weißen Maler-Anzug auf dem Laufsteg in Paris, Torwarttrainer-Posse, Klubikone Müller nur Edelhelfer. Wenn’s den Bayern zu langweilig wurde, verließen sie schon oft ihre Komfortzone und wandelten auf dem Boulevard der Schlagzeilen. Aber je heftiger die Kritik, desto entschlossener schlugen sie immer auf dem Platz zurück. Heute Märchenstunde: Es war einmal … Aktuell fehlen die Typen, die per Knopfdruck den Krisenmodus ausschalten und ihre PS aktivieren. Denn das Schlagzeilen-Gewitter zeigt Wirkung, die Unruhe bremst die Leistung. Gegen Köln verhinderte ein Glücksmoment von Joshua Kimmich ein Debakel, gegen Frankfurt reichte es nicht mal zum Schluss-Powerplay. Keine Inspiration, kein Tempo, keine Sicherheit. Aber laut Julian Nagelsmann alles nur eine Ergebniskrise. Klingt verharmlosend schön, aber der Boulevard sieht’s sicher anders. Dort wird es laut. Zum Genießen dagegen die Stille bei Union Berlin – ein geräuschloser Weg zum Erfolg. Dritter Sieg im neuen Jahr, fast auf Augenhöhe mit den Bayern. Unfassbar, mit welcher Souveränität Trainer Urs Fischer, Manager Oliver Ruhnert und Präsident Dirk Zingler die „Eisernen“ in nur dreieinhalb Jahren von der 2. Liga in die Bundesliga-Spitze führten. Vom Kader der Berliner Aufstiegsspiele 2019 trägt nur noch Kapitän Christopher Trimmel das Union-Trikot, nachdem Julian Ryerson vor zwei Wochen von Bord ging. In seinen viereinhalb Union-Jahren lange kein Stammspieler, jetzt ein 5-Millionen-Mann bei Borussia Dortmund, gesetzt in Meisterschaft und Champions League. Mit Ryerson gingen in der Saison 2022/23 bereits 19 Spieler, dafür kamen 13 neue. Und 3,5 Millionen Euro Transfergewinn. Jahr für Jahr neue No-Name-Spieler, jedes Jahr eine bessere Truppe. Dass jetzt sogar der fünfmalige Champions-League-Gewinner und Ex-Real-Star Isco als Neuzugang gehandelt wird, setzt der Berliner Vereinspolitik die königliche Krone auf. Mit seiner stoischen Gelassenheit schickt Urs Fischer Woche für Woche eine eiserne Union aufs Feld, eine Kampfmaschine mit grandiosem Umschaltspiel und ungeheurer Kopfballwucht bei Standards. Diese Union ließ auch die große alte Dame Hertha wie eine verwirrte Oma zurück. Beim verzwergten Big-City-Klub feuerten sie kurzerhand Fredi Bobic. Vermutlich reibt sich jetzt der DFB die Hände, dort suchen sie ja händeringend nach einem erfolgreichen Sportdirektor. Beim Tabellenzweiten Union geht’s jetzt ruhig weiter, beim Spitzenreiter Bayern nicht. Da braut sich nach der sieglosen Horrorwoche ein Schlagzeilen-Gewitter zusammen. Beste Unterhaltung.
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