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Dieser Abstiegskampf begeistert mit irren Wendungen

Kolumne: Kopfball zum großen Kick – Thema: die Hochspannung im Tabellenkeller der Bundesliga.

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Das emotionalste Highlight des viertletzten Spieltags gab’s gleich zu Beginn des Wochenendes, wenngleich spät. In der 12. Minute der Nachspielzeit, das späteste Tor eines Bundesliga-Spiels. Schalkes Marius Bülter drehte nach seinem Elfmetertor zum 3:2 in Mainz ab, sein Jubellauf glich einem Hurricane, der durch die Arena wirbelte. Zweiter Sieg hintereinander in der Nachspielzeit: Schalke 04 kletterte erstmals seit Oktober auf einen Nichtabstiegsplatz. Zwischenzeitlich quasi abgestiegen, acht Punkte hinter dem rettenden Ufer. Ein Werk von Thomas Reis. Impulsiv und explosiv an der Linie, in der nächsten Sekunde in sich ruhend und analytisch positiv nach vorne schauend – trotz des schwersten Restprogramms.

Fußball muss nicht immer schön sein, um zu begeistern. Aber spannend muss er sein. Und dieser Abstiegskampf lebt von irren Wendungen, die keine Prognosen gestatten. Bochum, nach nur einem Punkt aus den ersten acht Spielen mit einem Fuß in der 2. Liga, robbte sich unter Thomas Letsch ans Mittelfeld heran, vor sechs Wochen nach dem 1:0 gegen Leipzig als 14. praktisch gerettet. Seitdem macht der VfL mit seinem Doppelpass keinen Gegner mehr nass. Sechs sieglose Spiele, ein beängstigender Negativ-Flow.

"Pal ist immer ein glücklicher Mensch"Hertha-Trainer Pal Dardai

Hoffnung schöpft urplötzlich Hertha BSC. Sechs Punkte Rückstand in den letzten vier Spielen aufholen, das schaffte nur Frankfurt 1999 unter Jörg Berger, der damals bekanntlich auch die Titanic vor dem Untergang gerettet hätte. Berlins Berger soll Pal Dardai sein. Ist der Typ Bulldogge überhaupt ein ernstzunehmender Trainer? Kommt wie ein hemdsärmeliger Dampfplauderer daher. Wenige Minuten vor seinem ersten Einsatz vor zwei Wochen gegen Bremen beschrieb Dardai seine Taktik so: „Gut verteidigen, schnell umschalten, in Führung gehen.“ Nach sechs Minuten führte Werder und siegte 4:2. Dann 0:2 in München. Vor dem Stuttgart-Kick haute er weitere dumpfe Plattitüden raus. Keine Angst zeigen; gemeinsam arbeiten, dann kommt das Spielglück; Organisation ist der halbe Sieg. Oder, wir staunen: „Das Wichtigste ist: Ich habe gut geschlafen, überragendes Essen, alles schön.“ Nach dem Sieg ging’s weiter: „Pal ist immer ein glücklicher Mensch.“ Wenn Abstiegskampf so einfach geht…

Am Ende werden sicher zwei Traditionsklubs mit großen Stadien und riesiger Fanbasis absteigen, vermutlich durch Darmstadt und Heidenheim ersetzt. Sie können sich gegen den Aufstieg wohl nicht wehren, denn der HSV lässt sie gewähren. Dann Darmstadt gegen Augsburg – kein erstklassiger Kracher. Aber wir haben uns früher auch gefragt, was Freiburg oder Union Berlin in der 1. Liga sollen. Heute freuen wir uns über kleine Klubs, die seriös arbeiten. Besser als viele Traditionsklubs, die sich in die 2. oder 3. Liga abgewirtschaftet haben.

Gefeiert wurde übrigens nicht nur im Keller. Serge Gnabry, der Bayern wie gegen Hertha auch in Bremen auf Siegkurs schoss, drehte zwar nicht so ekstatisch ab wie Marius Bülter. Aber immerhin: kleiner Jubellauf, leichter Hüpfer, geballte Fäuste. Nicht dieses alberne Rühren in einer Kaffeetasse. Keine billige Show mehr, die Lage ist ernst. Etwas Angenehmes im Krisenbewältigungsmodus des FCB. Dieser Abstiegskampf begeistert mit irren Wendungen

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