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Wie Handwerksbetriebe aus der Region durch die Krise kommen

In unserer Reihe "Auf einen Kaffee mit..." erzählen wir die Geschichten der Menschen, die im Oldenburger Münsterland etwas bewegen – so wie Günther Tönjes und Dennis Makselon.

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Kreishandwerksmeister Günther Tönjes (links) und Dennis Makselon, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft im Gespräch mit der PROMENADE. Foto: Schulte-Saß

Kreishandwerksmeister Günther Tönjes (links) und Dennis Makselon, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft im Gespräch mit der PROMENADE. Foto: Schulte-Saß

Das Oldenburger Münsterland ist eine handwerksstarke Region, jeder 4. Erwerbstätige ist im Handwerk verankert. Dennis Makselon, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg und Günter Tönjes, Kreishandwerksmeister stehen in engem Kontakt mit den Betrieben und wissen, welche Herausforderungen die Unternehmen bewältigen müssen.

Wie haben die Betriebe im Landkreis Cloppenburg die vergangenen Monate und Jahre gemeistert? Was war schwerer – Corona oder die Einflüsse des Ukraine-Krieges?

Tönjes: Mein Eindruck ist, dass die Unternehmen die Corona-Krise mittlerweile überstanden haben. Hier gab es viele Einbußen, einige Fördermittel konnten dies jedoch ein wenig abfedern. Danach folgte bedingt durch den Ukraine-Krieg die nächste Krise. Steigende Energie- und Rohstoffkosten sowie die Inflation bereiten den Betrieben im Moment große Sorgen. Hinzu kommt noch der nach wie vor vorherrschende Fachkräftemangel.

Makselon: In Bezug auf die Corona-Pandemie haben sich die Betriebe mittlerweile darauf eingestellt. Der Ukraine-Krieg hat die Unternehmen in Bezug auf Lieferschwierigkeiten und steigende Kosten jedoch plötzlich und stark getroffen. Das an den Kunden weiterzugeben, ist für die Betriebe derzeit eine Herausforderung. Die Kosten für eine Handwerkerstunde werden immer höher. Hier könnte es zu einer gesellschaftlichen Spaltung kommen, da sich vielleicht nicht mehr jeder den Handwerker leisten kann.

Gibt es Gewerke, die besser durch diese schwierigen Zeiten kommen als andere?

Tönjes: Die Bauwirtschaft war trotz der Corona-Krise stabil, was sich in 2023 aber ändern könnte, da die Rohstoff- und Energiepreise enorm gestiegen sind. Es sind aber auch jetzt schon wieder Aufträge da. Es muss ja weiter gehen. Ich habe momentan das Gefühl, dass sich die Kosten wieder etwas stabilisieren.

Makselon: Betriebe im Bereich der Energie und der Mobilität tangiert die ganze Situation weniger als beispielsweise das Nahrungsmittelhandwerk. Bäckereien waren während der Corona-Pandemie stark von den Café-Schließungen eingeschränkt, aber auch die Frisöre haben die Betriebsschließungen stark getroffen. Die Auswirkungen des Krieges mit den explodierenden Rohstoffkosten, die sie schlussendlich auch an die Kunden weitergeben müssen, haben ebenfalls Auswirkungen auf das Nahrungsmittelhandwerk.

Welche Stimmung nehmen Sie in den Betrieben wahr?

Tönjes: Die Stimmung ist etwas angespannt, da  Planungsunsicherheit besteht. Das hat auch Auswirkungen auf die Mitarbeiter, die ebenso verunsichert sind und finanzielle Unterstützung von den Betrieben erwarten. Nichtdestotrotz denke ich, dass die Unternehmen diese Herausforderungen meistern werden. Nach Regen kommt auch wieder Sonnenschein.

Makselon: Bis zum Frühjahr haben wir noch eine stabile Situation. Dann befürchten wir einen größeren Einbruch in der Geschäftslage, abhängig von der Verbraucherpreisinflation, angespannten Lieferketten sowie die hohen Energiebeschaffungskosten.

Sie sprachen bereits den Fachkräftemangel an. Mit welchen Maßnahmen können die Betriebe dem entgegensteuern?

Tönjes: Durch Betriebspraktika können die Jugendlichen in die jeweiligen Berufe hineinschnuppern und fühlen, was Handwerk bedeutet. Dafür ist Werbung an den Schulen ein zentraler Punkt. Die Betriebe müssen sich umstellen. Wenn sie Auszubildende haben möchten, müssen sie auf sich aufmerksam machen; und dazu gehören heute mehr denn je die sozialen Medien. Darüber hinaus sind eine übertarifliche Entlohnung und Benefits Werkzeuge, mit denen man Arbeitnehmer für sich gewinnen kann.

Makselon: Wir haben kürzlich in unseren Räumen eine Handwerksmesse durchgeführt, bei der sich 10 Unternehmen für rund 400 - 500 Schüler präsentiert haben. In diesem Zusammenhang ist die Berufsorientierung ein großes Thema. Ein weiterer Aspekt ist Zuwanderung. Ohne diese potentiellen Fachkräfte werden wir das nicht schaffen. Hier sehe ich die Politik in der Verantwortung, die Beschränkungen in Bezug auf Visa-Vergabe, Aufenthaltserlaubnis etc. zu lockern. Es sollte nicht entscheidend sein, wo jemand herkommt, sondern wo er hin möchte. Nicht zu unterschätzen ist die Betriebsnachfolge. In den nächsten 5 Jahren werden bundesweit ca. 125000 Betriebsnachfolger fehlen. Das ist besorgniserregend.

Welchen Rat würden Sie jungen Menschen mit auf den Weg geben, die eine Ausbildung im Handwerk anstreben?

Tönjes: An der Redewendung „Handwerk hat goldenen Boden“ ist viel Wahrheit enthalten. Handwerker werden immer gebraucht. Insofern hat das Handwerk eine solide Zukunft. Nach der Ausbildung gibt es viele verschiedene Wege, um sich fort- oder weiterzubilden; Stichwort: Meisterprüfung.

Makselon: Natürlich hält auch im Handwerk die Digitalisierung Einzug, Handwerker und ihre (ausführenden) Hände werden aber immer benötigt.

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