Marion Tapken ist körperlich schwer behindert, sprechen kann sie nicht. Trotzdem hat sie viel zu sagen, wie OM-Online-Reporterin Sandra Hoff bereits erfahren durfte. Jetzt haben sie sich für unser Wochenend-Interview erneut getroffen.
Und? Wie ging es in letzter Zeit?
Zur Zeit gut. Im Frühjahr und Anfang Sommer hatte ich noch eine starke Interkostalneuralgie, das heißt, meine Nerven zwischen den Rippen waren entzündet und ich hatte starke Brust- und Rückenschmerzen. Mit Hilfe einer Heilerin und viel Schwimmen sind die fast weg. Ich muss einfach öfter raus aus dem Rollstuhl, damit sich meine Brust dehnt. Auch das regelmäßige Schwimmen, besonders im Urlaub, hat viel geholfen. Weil meine Schmerzen erheblich weniger sind, kann ich auch besser am PC schreiben, sowohl in der Werkstatt als auch zu Hause.
Was haben Sie sich einmal so richtig gegönnt?
Den Urlaub in Süd-Tirol. Seit über 20 Jahren fahren wir, wenn es möglich ist, in den Ferien nach Dorf Tirol. Die Berge, die Luft und das tägliche Schwimmen im hoteleigenen Pool tun mir einfach gut. Leider konnten wir in der Corona-Zeit nicht dahin, aber nach 4 Jahren hat es endlich mal wieder geklappt.
Wenn Sie Königin von Deutschland wären: Was gehört als erstes abgeschafft?
Ich würde versuchen, dass die Kriege in der Welt aufhören, besonders in der Ukraine, und mich mit ganzer Kraft dafür einsetzen. Für mich ist es auch ganz nervig, dass ständig neue Talker (Sprachcomputer) auf den Markt kommen und die alten nicht mehr repariert werden. Dann muss ich mich wieder umstellen. Das nervt und ist lästig.
Welchen Traum werden Sie sich als nächstes erfüllen (können)?
Ich möchte nach Israel fahren. Ich möchte sehen und erleben, wo Jesus zu Hause war, besonders die Geburtskirche, die Hirtenfelder und Kafarnaum, wo er gewohnt hat. Jedes Jahr an Heilig Abend schaue ich mir die Hirtenfelder in einem kurzen Video-Ausschnitt von der Israelreise an, die meine Mama vor vielen Jahren mal gemacht hat. Wenn das nicht klappt, mach ich eine Kreuzfahrt.
Was tun Sie am liebsten?
Ich halte gern Vorträge über mein Leben, meine Behinderung und meinen Glauben. In der Freizeit male ich liebend gern mit verschiedenen Materialien oder gestalte Figuren mit Gips oder Ton. Im Moment darf ich sogar den Ehrenpreis für eine Person gestalten, die sich ganz besonders für unterstützte Kommunikation (UK) eingesetzt hat. Dieser Preis wird auf dem UK-Kongress in Leipzig verliehen. Außerdem webe ich mit einem Stäbchenwebstab. Ich habe schon verschiedene Deckchen fertig. Und jetzt hängt sogar ein Wandbehang mit Werder-Emblem in meinem Zimmer. Das alles kann ich natürlich nur mit Unterstützung. Aber ich sage, was und wie ich das haben will.
Welche Eigenschaften mögen Sie an sich selbst? Und welche nicht?Da muss ich erstmal nachdenken. Ich finde gut an mir, dass ich lustig bin, auch, dass ich viel Energie habe und sehr aktiv bin. Doch manchmal nervt es meine Eltern, dass ich schlecht aufhören kann und viel fordere. Über mich selbst ärgere ich mich, wenn mein Körper nicht so will wie ich möchte und ich dann wütend werde.
Welche TV-Sendung mögen Sie am liebsten?
Ich gucke wenig fern, wenn, dann alte Sendungen vom „California Clan“. Ich bin seit März 1992 im „California-Clan-Club“, einer kleinen Gruppe von Freundinnen. Damals haben wir keine Sendung ausgelassen. Wir haben uns regelmäßig getroffen und über die Sendung gesprochen und sogar eine Clubzeitung erstellt. Für einen runden Geburtstag eines Clubmitgliedes haben wir sogar einige Szenen nachgestellt und auf Video aufgenommen. Wenn ich jetzt fernsehe, dann eher Filme, in denen Menschen mit Behinderung mitspielen oder die Paralympics.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal treffen?
Mit Rolf Zuckowski und den Kellys, weil ich deren Musik gerne höre. Auch jetzt hören wir auf jeder Fahrt in den Urlaub Lieder von Rolf Zuckowski. Ich durfte ihn einmal kennenlernen, als er in Cloppenburg in der Stadthalle ein Konzert gegeben hatte und anschließend mit seiner Band in die Kneipe nebenan kam. Ich war dort ebenfalls mit meiner Schwester und einer Freundin. Rolf Zuckowski beobachtete, wie ich mit einer Schwester mit Hilfe meiner Buchstabentafel kommunizierte. Er kam zu uns und ließ sich das erklären. Das fand ich total toll. Deswegen würde ich ihn gern mal länger treffen.
Was würden Sie gerne einmal wieder essen?
Kaiserschmarrn. Ich liebe ihn! Wenn ich in den Bergen bin, gibt es den wenigstens jede Woche einmal. Mama hat das Rezept von einer Assistentin mal geschenkt bekommen und kann den jetzt auch schon ganz gut machen.
Welches Thema in den lokalen Medien hat sie am meisten beschäftigt?
Für mich ist Zeitunglesen schwer wegen der kleinen Schrift, und weil die Blätter so groß sind. Mein Papa faltet mir das Blatt so, dass es auf die Buchstütze passt. Für mich wäre die Online-Zeitung besser, aber Mama und Papa mögen lieber die Zeitung in Papierform. Endlich, endlich wird das Thema „Unterstützte Kommunikation“ mehr verbreitet. Jetzt gibt es sogar eine Kommunikationstafel im Mehrgenerationenpark in Cloppenburg. Endlich. Eigentlich interessiert mich alles, was mit der Caritas und der Werkstatt zu tun hat.
Zur Person:
- Marion Tapken ist körperlich schwer behindert, sprechen kann sie nicht, sie kommuniziert aber mit ihrem Talker, den sie mit ihrem Knie ansteuert oder mit einer Buchstabentafel.
- Die Garrelerin hält regelmäßig als zertifizierte GesUK-UK-Referentin Vorträge über „Unterstützte Kommunikation“ mithilfe ihres Sprachcomputers, etwa an den Unis in Bremen, Oldenburg oder Vechta. Auch für Fachtagungen wird sie oft angefragt, um dort vor Publikum zu „sprechen“.
- Die 43-Jährige hat nach ihrer Schulzeit in Oldenburg (Förderschule) mit sehr viel Disziplin und Ehrgeiz ihren Hauptschulabschluss geschafft.
- Wer Kontakt mit Marion Tapken aufnehmen will, erreicht sie unter der E-Mail-Adresse: karl-heinz.tapken@ewetel.net