Zu viele Unbekannte in Neuenkirchen-Vördens Finanzen
Neuenkirchen-Vördener Politiker stimmen dem Nachtragsetat für 2023 zu. Gut ist die Haushaltslage nicht. Und Kämmerin Suhrenbrock ist wenig optimistisch.
Klaus-Peter Lammert | 19.09.2023
Neuenkirchen-Vördener Politiker stimmen dem Nachtragsetat für 2023 zu. Gut ist die Haushaltslage nicht. Und Kämmerin Suhrenbrock ist wenig optimistisch.
Klaus-Peter Lammert | 19.09.2023
Das liebe Geld: In der Gemeinde Neuenkirchen-Vörden bahnen sich in Sachen Haushaltspolitik spannende Zeiten an. Denn viele Unwägbarkeiten bestimmen das Geschehen, darunter explodierende Betriebskostenzuschüsse für die Kindergärten. Foto: dpa/Skolimowska
Die Haushaltslage der Gemeinde Neuenkirchen-Vörden ist in diesem Jahr alles andere als gut und wird sich möglicherweise auch in den nächsten Jahren nicht wesentlich verbessern. Das sagte Kämmerin Doris Suhrenbrock bei der von Dr. Heinrich Brand (CDU) geleiteten Sitzung des Finanzausschusses im Rathaus in Neuenkirchen. Die Ausschussmitglieder votierten trotz der nicht so guten Aussichten für den von der Kämmerin eingebrachten Nachtragshaushalt für das laufende Jahr. Als einen Grund für die fiskalische Ungewissheit nannte die Kämmerin die sich immer weiter erhöhenden Betriebskostenzuschüsse für die Kindertagesstätten. So steige diese Summe in 2023 gegenüber dem Ansatz im Haushaltsplan um 284.000 Euro auf rund 2,73 Millionen Euro. Doch dabei, malte Doris Suhrenbrock ein recht düsteres Bild der Zukunft, wird es möglicherweise nicht bleiben. Denn wenn die weiteren geplanten Kindertagesstätten fertiggestellt seien, drohten Zuschüsse von 3,5 bis 4 Millionen Euro im Jahr. Hinzu kämen zusätzliche Unwägbarkeiten. Hier nannte die Kämmerin unter anderem den verpflichtenden Ganztag an Schulen, dessen Finanzierung offen sei. Konkretes gebe es weder vom Bund noch vom Land. Negative Auswirkungen auf die Gewerbesteuereinnahmen könnte das „Wachstumschancengesetz“ haben, das Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur Entlastung von Unternehmen plant. Den Kommunen drohten Mindereinnahmen bei den Gewerbesteuern. Risiken sieht die Kämmerin auch auf der zukünftigen Einnahmeseite Neuenkirchen-Vördens. Denn niemand könne derzeit voraussagen, ob die Kommune Baugrundstücke für Wohnhäuser und Gewerbegrundstücke so verkaufen könne wie gedacht. 2023 jedenfalls lief der Verkauf von Gewerbeflächen nicht wie erhofft: Doris Suhrenbrock vermeldete Mindereinnahmen von 800.000 Euro. Welche Auswirkungen die Schließung des Vördener Werks von The Family Butchers zum 30. April 2024 haben wird, sei ebenfalls offen. Sicher sei, dass sich bei den Abwassergebühren neue Sätze ergeben werden, da das Werk der Haupteinleiter von Abwasser in die gemeindliche Kläranlage ist. Insgesamt schloss Doris Suhrenbrock nicht aus, dass es nicht nur 2024, wovon sie fest ausgeht, sondern auch in den Jahren danach nicht mehr gelingen könnte, den Haushalt auszugleichen. Haushaltsausgleich bedeutet, dass im Ergebnishaushalt das ordentliche Ergebnis – Einnahmen und Ausgaben – ausgeglichen sein muss. In diesem Jahr endet das ordentliche Ergebnis nach neuesten Schätzungen mit einem Fehlbetrag von rund 1,81 Millionen Euro, zirka 135.000 Euro weniger als zunächst angenommen. Doris Suhrenbrock gab sich aber optimistisch, dass das Minus tatsächlich noch unter eine Million Euro sinken könnte. Angesichts der auch wegen der Unwägbarkeiten nicht guten finanziellen Prognosen stellte Karlheinz Rohe, der CDU-Fraktionsvorsitzende, fest, im Rahmen der Beratungen über den Haushaltsplan 2024 werde sich die Politik auch über die sogenannten freiwilligen Leistungen unterhalten müssen. Das sind zum Beispiel Zuschüsse an Vereine und Organisationen. Auf die Frage des IGNV-Ratsherrn Heinz Fehrmann, wann der Landkreis wegen eines nicht ausgeglichenen ordentlichen Ergebnisses im Ergebnishaushalt als Kommunalaufsicht eingreifen könnte, sagte Doris Suhrenbrock, solange sich das Minus durch Überschussrücklagen der Gemeinde ausgleichen lasse, werde das nicht geschehen. Sie appellierte aber an die Politik, keine neuen Ausgaben mehr zu beschließen. Nach den aktuellen Zahlen steigen die ordentlichen Erträge gegenüber den Summen im Haushaltsplan um rund 585.000 auf zirka 17,3 Millionen Euro. Ein Plus verzeichnet die Kommune etwa bei der Gewerbesteuer um 100.000 auf etwa 3,92 Millionen Euro. Bei den ordentlichen Aufwendungen gibt es eine Erhöhung um etwa 430.000 auf knapp 19,12 Millionen Euro. Der dickste Posten sind die höheren Betriebskostenzuschüsse für die Kindertagesstätten. Bei den Investitionen hat Doris Suhrenbrock den Rotstift angesetzt, die Einzahlungen in diesem Bereich verringern sich um 1,105 Millionen Euro, die Auszahlungen um 1,073 Millionen. Auf der Einnahmenseite schlagen sich unter anderem die niedrigeren Einnahmen durch den Verkauf von Gewerbeflächen nieder. Auf der Auszahlungsseite hat sie jeweils 500.000 Euro bei den Posten „Erweiterung Grundschule Neuenkirchen“ und „Neubau Kindergarten Vörden“ aus dem Zahlenwerk genommen. Bei dem einen Punkt, weil die Planungen für die Erweiterung in diesem Jahr nicht anfallen, beim Kindergartenneubau, weil die Gemeinde sich inzwischen für ein Investorenmodell entschieden hat und das Gebäude nicht selbst errichten wird, sondern es von einem privaten Investor mieten wird. Heinz Fehrmann verwies bei der Sitzung darauf, in den beiden Vorjahren habe der Ergebnishaushalt beim ordentlichen und außerordentlichen Ergebnis am Ende einen Überschuss von 280.000 Euro (2021) beziehungsweise sogar 1,2 Millionen Euro (2022) ausgewiesen. Dazu erklärte Doris Suhrenbrock, auch sie hätte sich bessere Zahlen gewünscht: „Aber wir sind ja nicht bei ,Wünsch Dir was’.“Keine konkreten Aussagen zur Finanzierung
Es wird immer schwieriger, den Haushalt auszugleichen
Appell, keine neuen Ausgaben zu beschließen
Kämmerin setzt bei den Investitionen der Gemeinde den Rotstift an
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