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Was kümmert uns eigentlich Boris Palmer?

Kolumne: Bundesweit wird regelmäßig über Boris Palmer berichtet. Dabei ist er nur Oberbürgermeister einer mittelgroßen deutschen Stadt. Ist er überhaupt relevant und falls ja, warum?

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Bisher konnte sich Boris Palmer eines gewiss sein: der Aufmerksamkeit der deutschen Medien. Mal wieder ist er mit einer rassistischen Bemerkung aufgefallen, mal wieder berichteten die Medien landauf, landab über den x-ten Fehltritt des Tübinger Oberbürgermeisters. Ich frage mich dabei: Was kümmert uns eigentlich der Oberbürgermeister einer mittelgroßen deutschen Stadt?

Das direkte politische Wirken Palmers ist für fast niemanden in Deutschland relevant, außer für die 92.000 Einwohner Tübingens. Oldenburg hat fast doppelt so viele Einwohner und auch eine Universität. Aber kennen Sie Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann? 

Unter den Tübingern ist Palmer zwar beliebt: Stadt und Wirtschaft wachsen, beim Klimaschutz geht es voran, er wurde zweimal wiedergewählt. Aber seine Arbeit als Bürgermeister machte ihn nicht bundesweit bekannt.

Palmer brachte die Bahn-Experten ins Schwitzen

Überregional hatte er sich vorher schon einen Namen gemacht. Palmer war wortgewandter Anführer der Gegner des Bahnprojekts „Stuttgart 21“ und „brachte die Bahn-Experten ins Schwitzen“, schreibt die Südwestpresse. Schon sehr früh nutzte der heute 50-Jährige die sozialen Medien und trat dort mit Bürgern in Kontakt. Innerhalb seiner Partei galt der Ex-Grünen-Politiker als Hoffnungsträger, er soll hochbegabt sein und hat ein 1,0-Abi. Als Jungpolitiker stand ihm eine Karriere in der Politik bevor, er hatte schon einen Fuß in der Tür.

"Je mehr er provozierte, desto prominenter wurde er – aber desto mehr isolierte er sich in seiner Partei. Statt zum Minister aufzusteigen, blieb er Oberbürgermeister von Tübingen."Friedrich Niemeyer

Statt sich aber in seiner Partei weiter zu vernetzen und aufzusteigen, wählte Palmer – bewusst oder unbewusst – den Weg der Provokation. Er trat als rechter Grüner auf und attackierte regelmäßig die Linie seiner Partei in Themen wie der Flüchtlings- und Migrationspolitik sowie der Coronapolitik. Palmer war Stammgast in Talkshows, Millionen lernten ihn kennen. So wurde er schließlich bundesweit bekannt.

Boris Palmer war in der Bundespolitik angekommen

Relevant wurde er, weil er als Grünen-Mitglied eine besondere Rolle spielte. Palmer wurde zum Quälgeist für seine Partei. Er provozierte die Bundesvorsitzenden, die Parteilinie zu verteidigen – was wiederum bundesweit berichtet wurde. Boris Palmer war in der Bundespolitik angekommen, nur eben anders, als es einige von ihm erwartet hatten. Palmer ist nicht relevant geworden, weil er besonders kompetent oder mächtig ist, sondern weil er mit Fehltritten auffiel, provozierte und zum Problem für die Grünen wurde. Je mehr er provozierte, desto prominenter wurde er – aber desto mehr isolierte er sich in seiner Partei. Statt zum Minister aufzusteigen, blieb er Oberbürgermeister von Tübingen.

Das Image des quertreibenden Grünen ist Palmer nun los: Er trat am 1. Mai aus der Partei aus. Damit verliert er seine Sonderrolle als rechter, quertreibender Grüner und einen großen Teil seiner Relevanz. Es bleibt zu hoffen, dass nun weniger über ihn berichtet wird, wenn er das nächste Mal mit rassistischen Bemerkungen auffällt.


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