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Warum wir alle vom Streikrecht profitieren

Kolumne: Mit Streiks nehmen Arbeitnehmer auch Einfluss auf die Politik. Die Tories in Großbritannien wollen das Streikrecht einschränken – während sich Abgeordnete von Konzernen kaufen lassen.

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Was haben Krankenschwestern, Postboten, Lehrer, Busfahrer, Lokführer und Gepäckträger gemeinsam? Sie alle haben in den vergangenen Wochen in Europa gestreikt oder streiken nach wie vor. Sie kämpfen für bessere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen oder wehren sich – wie in Frankreich – gegen eine Anhebung des Renteneintrittsalters. Der Arbeitskampf ist ein wichtiges Mittel der Arbeitnehmer, ihren Interessen Gehör zu verschaffen. Gerade in Zeiten, in denen die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander klafft und der Reallohnverlust für den Durchschnittsverdiener so hoch ist, wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Streiks mögen dem einen oder anderen auf die Nerven gehen. Zum Beispiel, weil das Paket nicht pünktlich kommt oder der Zug ausfällt. Aber wer nach 8 Stunden Arbeit abends auf dem Sofa die Füße hochlegt oder am Samstagvormittag das Frühstück mit der Familie genießt, sollte wissen, dass das nicht selbstverständlich ist. Gewerkschaften haben lange für die 40-Stunden-Woche, den 8-Stunden-Tag und den arbeitsfreien Samstag gekämpft – auch mit Streiks. 

Balance gerät aus dem Gleichgewicht, wenn sich Politiker kaufen lassen

Das Streikrecht gibt den Arbeitnehmern die Möglichkeit, Einfluss auf demokratische Entscheidungen zu nehmen. Das ist wichtig, um ein Gegengewicht zur politischen Einflussnahme zum Beispiel der Konzernbosse zu bilden, die über gute Drähte in die Spitzenpolitik verfügen. Prominentes Beispiel: Porsche-Chef Oliver Blume. Er brüstete sich vor seinen Aktionären damit, während der Koalitionsverhandlungen der Ampelregierung mit FDP-Chef Christian Lindner in Kontakt gestanden zu haben, der ihn "fast stündlich auf dem Laufenden gehalten" habe. Als hätte die Automobilindustrie nicht sowieso schon durch ihre Schar an Lobbyisten genug Einfluss auf die Gesetzgebung. 

"Es ist zynisch, wenn Politiker einer korrupten Partei für eine Einschränkung des Streikrechts stimmen."Friedrich Niemeyer

Das Gleichgewicht gerät ins Wanken, wenn sich Politiker kaufen lassen. Zynisch kommt es einem vor, wenn eine Fraktion für die Einschränkung des Streikrechts stimmen will, die von Korruption durchsetzt ist. So könnte es in Großbritannien geschehen. Premierminister Rishi Sunak von den konservativen Tories will das Streikrecht einschränken. Die genauen Pläne sind noch nicht bekannt. Durchgedrungen ist bisher, dass er die Gewerkschaften zwingen will, eine Grundversorgung zum Beispiel bei den Rettungskräften sicherzustellen. Damit kriminalisiert er Streiks nicht nur, er verdreht auch die Verantwortung. Als seien die streikenden Rettungskräfte schuld, wenn das Gesundheitssystem versagt. Tatsächlich trägt die Regierung, die die Tories seit 13 Jahren führen, für das marode System die Verantwortung, das wiederum die Beschäftigten dazu bringt, zu streiken. 

Zahlreiche Korruptionsskandale bei den Tories

Zwischen 2019 und 2021 nahmen die Tories 11 Millionen Pfund an Spenden aus dem Finanzsektor ein – fast 40 Prozent der Gesamtspenden. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Korruptionsfälle unter den Abgeordneten der Tories bekannt, die sogenannte "Filz-Affäre". Ein Beispiel von vielen ist der ehemalige Umweltminister Owen Paterson. In mindestens 14 Fällen habe er Kontakt zur Aufsichtsbehörde für Nahrungssicherheit und dem Entwicklungshilfeministerium aufgenommen, um "Vorteile" für ein medizinisches Unternehmen und einen Fleischproduzenten zu erreichen, mit denen er hoch dotierte Beraterverträge unterhielt.

Die Gewerkschaften in Großbritannien sollten sich nicht einschüchtern lassen und sich gegen die Einschränkung des Streikrechts wehren – mit Streiks.


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