Wahlen in der Türkei: Eine einmalige Chance für die Bevölkerung

Selten war ein Rennen um die Präsidentschaft in der Türkei so eng – zumindest dann, wenn man den Prognosen glaubt. Und selten war die Chance für die Teile der Bevölkerung, die die Machenschaften der AKP endgültig satt haben, so groß, einen autokratisch agierenden Staatslenker endgültig aus dem Amt zu hieven. Einfach wird das aber keinesfalls.

Recep Tayyip Erdogan hat besonders bei älteren Wählern und in den ländlichen Regionen eine beachtliche Anhängerschaft und wird alles dafür tun, um im Amt zu bleiben. Und dafür wird ihm wohl auch fast jedes Mittel recht sein. Zur Erinnerung: Als ihm vor 4 Jahren der demokratisch gewählte oppositionelle Bürgermeister in Istanbul nicht passte, ließ er die Wahl einfach wiederholen. Zwar erfolglos, doch das zeigt, zu welchen Schritten Erdogan bereit war, um seine Macht zu zementieren. Ganz zu schweigen von den tausenden AKP-Gegnern, die die türkische Justiz in Schauprozessen in die Gefängnisse des Landes und so zum Schweigen brachte.

Doch Fakt ist auch: Die Macht Erdogans bröckelt. Durch seine eigenwillige Finanzpolitik hat er die Inflation in ungeahnte Höhen katapultiert und viele Türken in die Armut getrieben. Auch das Krisenmanagement vor und nach der Erdbebenkatastrophe mit Zehntausenden Toten wird dem Präsidenten angelastet. Und auch Umfragen sehen den Oppositionskandidaten Kemal Kilicdaoglu vorne. Ein illegaler Griff nach der Macht hätte somit wohl verheerende Folgen und wäre kaum vermittelbar. Für die Türken ergibt sich nun eine einmalige Chance: Sie können eine Autokratie mit Demokratie besiegen. In Zeiten wie diesen ein schöner Gedanke.