Er regiert weiter. Nach 20 Jahren als Präsident der Türkei hat Recep Tayyip Erdogan am Sonntag die Stichwahl gegen seinen Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu gewonnen und bleibt voraussichtlich 5 weitere Jahre im Amt. Das ist aber auch eigentlich schon alles, was sich mit größerer Sicherheit über die Zukunft des Landes am Bosporus sagen lässt. Alles Weitere bleibt abzuwarten.
Die Reaktionen in der deutschen Medienlandschaft und Politik zum Wahlergebnis sind ziemlich eindeutig: Enttäuschung, Schwarzmalerei und die Frage, warum die in Deutschland lebenden Türken zu zwei Dritteln für Erdogan gestimmt haben, bestimmen die Berichterstattung. Es wird deutlich: Viele hätten sich einen anderen Ausgang gewünscht. Das ist aber leider absolut irrelevant.
Denn auch wenn man es nicht nachvollziehen kann, muss man anerkennen: Eine Mehrheit hat offenbar für Erdogan gestimmt. Es gibt keine ernsthaften Hinweise darauf, dass die Stimmabgabe manipuliert wurde. Unbestritten aber ist, dass der Wahlkampf alles andere als fair verlief. Die Beobachtermission der OSZE und des Europarats bemängelt Voreingenommenheit der Medien und Einschränkungen der Meinungsfreiheit.
Die Flüchtlingsfrage
Ganz offensichtlich ist Erdogan kein Demokrat, wie man ihn sich bei uns vorstellt. Gewählt wurde er jetzt aber – und damit gilt es klarzukommen. Und insgeheim wird der eine oder andere Politiker vermutlich auch ganz zufrieden mit dem Wahlausgang sein. Denn bei allen Sympathien für die türkische Opposition – wie hätte man mit Kılıçdaroğlus Ankündigung umgehen sollen, bei seiner Wahl alle Flüchtlinge sofort aus dem Land zu schicken? Solche Fragen muss man jetzt immerhin nicht beantworten. Antworten braucht aber Erdogan, denn Probleme gibt es in seinem Land genug.