An einem Tag wie diesem ist die griechische Solidarität mit den Menschen in der Türkei zum Glück größer als der Zwist um Einflusssphären. Die politischen Auseinandersetzungen um ein paar Quadratkilometer Mittelmeer, die schon bedrohliche Ausmaße angenommen haben, erscheinen angesichts der großen Erdbebenkatastrophe in der Südtürkei und in Syrien geradezu lächerlich. Die griechische Regierung handelt vorbildlich menschlich, wenn sie trotz aller Streitigkeiten jede erdenkliche Hilfe für die Erdbebenopfer verspricht.
Humanitäre Hilfe ist umso dringender, weil die Naturkatastrophe das durch den nunmehr 12 Jahre tobenden Bürgerkrieg bereits verwüstete Nordsyrien trifft. Was müssen die Menschen in dieser Gegend noch alles ertragen?
Es besteht ein Fünkchen Hoffnung, dass Autokraten wie Erdogan oder Assad die verheerenden Erdbeben zum Anlass nehmen, über sich und ihre Politik, ihre Machtspiele und ihr Säbelrasseln – beim syrischen Machthaber ging es ja schon weit darüber hinaus – nachzudenken und es einfach zu lassen. Demut vor den Naturgewalten könnte ihnen besonders gut tun. Denn eins haben die menschengemachte Katastrophe Krieg und die Naturkatastrophe Erdbeben gemein: Beide treffen diejenigen besonders hart, die sowieso am ärgsten gebeutelt sind. Umso bitterer, dass in dieser Region beides zusammenkommt und Menschen im zerbombten Aleppo und in türkischen Flüchtlingslagern ereilt.
Schnelle, großzügige Hilfe ist jetzt oberstes Gebot auch für uns Deutsche. Wir leben in Frieden und sind vor Erdbeben sicher. Auch das sollten wir bedenken, wenn wir über Flüchtlingspolitik streiten. An Tagen wie diesen wirkt auch das irgendwie kleinlich.