Kein Frieden in Sicht
Seit einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine. Er ist eine Zäsur für ganz Europa. Putin hat bislang keines seiner Ziele erreicht. Wie kann das Gemetzel enden?
Werner Kolhoff | 18.02.2023
Seit einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine. Er ist eine Zäsur für ganz Europa. Putin hat bislang keines seiner Ziele erreicht. Wie kann das Gemetzel enden?
Werner Kolhoff | 18.02.2023
Zwischenbilanz nach fast einem Jahr Krieg: Putin hat keines seiner Ziele erreicht. Die Ukraine ist nicht als souveräner Staat beseitigt worden, sondern, in Blut gebadet, zur stolzen Nation gereift. Nato und EU sind geschlossener denn je, sie erweitern sich und rüsten auf. Russland hingegen rutscht für lange Zeit wirtschaftlich, sozial, technologisch und militärisch ab. Der Krieg bedeutet für den ganzen Kontinent eine Jahrhundert-Zäsur. Seit der Helsinki-Konferenz 1975 wurde versucht, Sicherheit im "gemeinsamen Haus Europa" mit Moskau zu organisieren. Nun muss das für lange Zeit gegen den Kreml gelingen. Denn ohne eine demokratische Revolution wird Russland ein unberechenbarer Mafia-Staat bleiben. Ob mit oder ohne Putin. Die Mehrheit seiner Bürger denkt imperialistisch und chauvinistisch über andere Völker. Dieses Russland ist eine Gefahr für alle seine Nachbarn. Der Blutzoll des Krieges ist hoch. Von Anfang an, schon mit Butscha, gingen die Invasoren äußerst brutal vor. Jetzt verheizen sie junge Reservisten als Kanonenfutter und beschießen die ukrainische Zivilbevölkerung wahllos mit Raketen. Der Ukraine-Krieg wird zwar teilweise mit neuen Techniken geführt, etwa Drohnen. Aber im Ergebnis ist auch er nur die alte, üble Menschenschlächterei. Im Donbass sieht es nicht anders aus als einst in Verdun oder Stalingrad. Wie kann das Gemetzel enden? Angesichts der Eskalation und der Atomkriegsgefahr rufen einige nach Waffenstillstand und sofortigen Verhandlungen. Doch wer ernsthaft der Frage nachgeht, wie denn ein Kompromiss aussehen könnte, ist schnell am Ende. Die Ukraine nicht in die Nato aufnehmen? Wie soll sie ohne deren Garantie künftig sicher sein? Das ist nicht verhandelbar, jetzt nicht mehr. Nato-Mitgliedschaft ja, aber dafür den Donbass und die Krim hergeben, wie Henry Kissinger vorgeschlagen hat? Aber es ist nicht einmal klar, welcher Donbass gemeint ist. Moskau will die kompletten Oblaste Luhansk, Donezk, Zaporizhia und Cherson, also weit mehr, als es derzeit erobert hat. Und das wiederum ist weit mehr als das, was es vor dem 24. Februar 2022 kontrollierte. Die Ukraine ist weder willens, noch hat sie es nötig, darauf einzugehen. Es hieße, den Aggressor zu weiteren Aggressionen zu ermutigen, wenn man seinen Raubzug legitimierte. Und dann ist da noch das Sonderproblem Krim. Wie auch immer ihr künftiger Status sein wird – die Ukraine braucht eine Garantie, dass die Halbinsel nie wieder zum Aufmarschgebiet wird. Auch nicht die dortigen Häfen. Und schließlich geht es um den Umgang mit russischen Kriegsverbrechen und um die Frage von Reparationen. Schwamm drüber ist angesichts der Monstrosität russischer Verbrechen keine Option mehr. Noch niemand, der in Deutschland derzeit so wohlfeile "Manifeste für den Frieden" schreibt, hat auch nur im Ansatz eine Antwort auf all diese Fragen skizzieren können. Vielleicht will er es auch gar nicht, weil er Putins Spiel spielt. Gewollt oder nicht. Putin möchte einen Diktatfrieden, aber keine ernsthaften Verhandlungen. Er spricht auch nach einem Jahr nur die Sprache der Panzer. Also muss man ihm in der antworten. Bis er versteht."Schwamm drüber ist angesichts der Monstrosität russischer Verbrechen keine Option mehr."Werner Kolhoff
Zur Person:
So verpassen sie nichts mehr. Mit unseren kostenlosen Newslettern informieren wir Sie über das Wichtigste aus dem Oldenburger Münsterland. Jetzt einfach für einen Newsletter anmelden!