Aus den Augen, aus dem Sinn: Das Hirn macht es uns leider viel zu leicht. Zumindest, wenn es um visuelle Phänomene geht. Die Reaktion auf den UN-Bericht, in dem von Anzeichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in China die Rede ist, passt in dieses Muster. Wir werden ihn vermutlich schnell wieder vergessen – wenn wir uns denn überhaupt mit der Lage der Uiguren befassen. Die sind ja weit weg.
Seit 2009 gibt es Unruhen und Terror in der jetzt untersuchten Region Xinjiang, denn Peking geht mit den Minderheiten dort nicht gerade zimperlich um. Umgekehrt versuchen die Uiguren, sich so gut sie können zu wehren – und werden dafür in Lager gesteckt. Nun ist die Aufklärungsarbeit in solchen Fällen sicher nicht leicht. Ein Bericht ist nur gut, wenn er auf Beweisen fußt. Die aber kann nur bekommen, wer ins Land reisen und mit dort lebenden Menschen offen reden darf. Das geht in diesem Fall nur arg eingeschränkt. China will es so.
Also handelt es sich um ein Traktat im Konjunktiv, auf das die üblichen Worthülsen folgen ... Konsequenzen werden gefordert, Aufrufe veröffentlicht. Gerade so laut, dass niemand sagen könnte, Deutschland und die Welt hätten nicht reagiert; gerade so inhaltsleer, dass Länder wie China keine Angst zu haben brauchen, demnächst ernsthaft unter Rechtfertigungsdruck zu kommen, wenn sie gegen Menschenrechte verstoßen.
Und dennoch sind Berichte wie der jetzt die einzige kleine Chance der Uiguren, kurz in den Blick der Öffentlichkeit zu kommen. Wie lange wir sie im Auge behalten, um sie und ihr Leid im Sinn zu haben, liegt an uns.