Es ist eine historische Demütigung, die Fraktions-Chef Kevin McCarthy im US-Repräsentantenhaus erleiden muss. Ein (zu großer) Teil der eigenen republikanischen Parteikollegen – Parteifreunde sind es gewiss nicht mehr – versagt ihm die Gefolgschaft.
Erwähnt werden muss dabei: McCarthy würde unter normalen Umständen als ein Hardliner der Republikaner gelten. Aber die Umstände sind nicht mehr normal. Die Partei hat seit der Präsidentschaft von Donald Trump die Zerreißprobe hinter sich, sie steht kurz vor der Spaltung. Offenkundig haben Radikale das Steuer in die Hand genommen. Und dabei geht es nicht um Verantwortung, sondern einzig und allein um Machtanspruch.
Selbst der Sturm auf das Kapitol hat die Radikalisierung der Partei nicht gestoppt
Selbst Donald Trump hat die bösen Geister, die er rief, nicht mehr unter Kontrolle. Sein Appell, McCarthy doch bitte weitere Peinlichkeiten zu ersparen, blieben ungehört. In der "Grand Old Party" von Lincoln und Reagan ist der Rechtsruck längst vollzogen. Die Rebellen bekennen sich offen zu Trump, verweigern die Anerkennung seiner Wahlniederlage und ließen sich auch nicht vom Sturm auf das Kapitol davon abbringen. Jetzt folgt die Demontage des Systems von innen. Die Geschichte beweist: Gerade das ist gefährlich für eine Demokratie.
Man darf Donald Trump unterstellen, dass sein jüngster Appell nur halbherzig gemeint war. Dem Egomanen geht es runter wie Öl, dass sein Einfluss in der Politik dank seiner radikalen Vasallen immer noch groß ist. Groß genug, dass sie ihm als Steigbügelhalter ins Weiße Haus helfen können. Für mehr braucht Trump sie nicht. Schließlich will er allein die Macht innehaben, teilen will er sie mit den Republikanern nicht.