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Die Bildungsmisere gemeinsam beenden

Die Probleme sind bekannt, die Konzepte liegen auf dem Tisch. Was fehlt ist politische Gestaltungskraft. Das Kooperationsverbot von Bund und  Ländern sollte einem Kooperationsgebot weichen.

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Ulrich Suffner

Ulrich Suffner

Lehrermangel, Grundschüler, die nicht lesen können, Hunderttausende Schulabgänger ohne Abschluss, Lehrermangel und schleppende Digitalisierung: Die Mängelliste der Bildungspolitik in Deutschland ließe sich verlängern. Vor diesem Hintergrund war der gescheiterte Bildungsgipfel Anfang der Woche in Berlin eine verpasste Chance. Die Bundesbildungsministerin hatte eingeladen und 14 der 16 Kultusminister der Länder reisten erst gar nicht an. Die Retourkutsche folgte am Ende der Woche: Für die Kultusministerkonferenz der Länder hatte wiederum die Bundesministerin kaum Zeit.

Statt gemeinsam Strategien zu entwickeln und Strukturen zu schaffen, in denen Lehrer und Schüler erfolgreich arbeiten können, reicht es immer wieder nur für Schuldzuweisungen und ideologische Grabenkämpfe. Dabei bräuchte es einen Befreiungsschlag, denn nicht nur die Bildung der Kinder ist in Gefahr. Schulen haben auch eine Schlüsselrolle in der Migrationskrise. Die Wirtschaft brummt nur mit gebildeten Menschen und nicht zuletzt unterstützt Schule die Bildung von Persönlichkeit und Verantwortungsbewusstsein, ohne die Demokratie nicht funktioniert.

Die politische Gestaltungskraft fehlt

Im Koalitionsvertrag hat die Ampel Bund, Ländern und Kommunen eine „neue Kultur der Bildungszusammenarbeit“ verordnet. Es könnte sofort losgehen. Die Probleme sind bekannt, die Konzepte der Experten liegen auf dem Tisch. Was fehlt ist politische Gestaltungskraft. Nicht zufällig haben 50 Stiftungen, Verbände, Gewerkschaften und Bildungsträger einen „echten“ Gipfel mit dem Bundeskanzler gefordert.

Richtig daran ist, dass die Bildungskrise im Politikbetrieb den gleichen hohen Stellenwert haben müsste wie die Überwindung der Energiekrise oder der Wiederaufbau der Bundeswehr. Richtig ist, dass das Kooperationsverbot, wonach der Bund keine Finanzhilfen leisten darf, wenn Länder zuständig sind, durch ein Kooperationsgebot ersetzt werden muss. Und zwar immer dann, wenn Länder allein die Probleme in ihren Schulen nicht lösen. Dafür muss man nicht gleich den Föderalismus abschaffen.

"Es braucht nationale Leitplanken, um vor Ort eigenverantwortliches Handeln in den Schulen neu zu ermöglichen."Ulrich Suffner, Chefredakteur

Drei Schlaglichter aus der Nachrichtenflut dieser Woche verdeutlichen den Reformbedarf exemplarisch. Am gestrigen Freitag feierten sich die Kultusminister der Länder dafür, dass sie die Vergleichbarkeit des Abiturs verbessern wollen. Das fordert die Wirtschaft seit 30 Jahren. Beispiel 2: Für die Digitalisierung der Schulen stehen seit 2019 in Niedersachsen 522 Millionen Euro zur Verfügung. Bis heute haben Kommunen und Schulen 292 Millionen Euro abgerufen. Laut der Lehrergewerkschaft GEW weil die Antragstellung zu kompliziert sei und vor Ort die Zeit für die Antragstellung fehle. Beispiel 3: In Nordrhein-Westfalen unterstützt die Polizei neuerdings Kommissar-Anwärter wegen fehlender Rechtschreibkenntnisse mit Nachhilfe.

Es ist weit gekommen mit dem Bildungsstandort Deutschland. Dieser benötigt dringend länderübergreifende Standards für Bildungsinhalte, Didaktik, Pädagogik und Schulmanagement. Es braucht nationale Leitplanken, um vor Ort eigenverantwortliches Handeln in den Schulen neu zu ermöglichen. Damit Kinder auch in Zukunft lernen, was sie für ihr Leben benötigen.

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