Das Nachrichtenportal vonMünsterländische Tageszeitung MT undOldenburgische Volkszeitung OV

Atomkraft – ja bitte?

Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Die letzten drei Atomkraftwerke wurden abgeschaltet. Vor rund 40 Jahren hätte ich gejubelt, jetzt sieht das anders aus.

Artikel teilen:

Mitte des letzten Monats wurden die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Vor rund 40 Jahren wäre das für mich ein Grund zum Jubeln gewesen. Ich kann mich noch gut an die Anti-Atomkraft-Demonstrationen erinnern, an denen ich teilgenommen habe.

Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir eine gegen die Urananreicherungsanlage in Almelo. An der deutsch-niederländischen Grenze wartete man schon auf uns. Wir wurden nach allen Regeln der Kunst „gefilzt“. Inklusive des Ausbaus der Rückbank meines alten VW-Käfers. Solche Ereignisse hielten uns aber nicht davon ab, auch weiterhin öffentlich gegen die Kernkraft zu protestieren. Im Gegenteil, sie spornten uns eher an.

Wir wollten keine „strahlende Zukunft“ mit Atomstrom als Hauptstandbein der Energieversorgung, auf die sich die Politik nach der Ölpreiskrise 1973 weitgehend festgelegt hatte. Und das trotz vieler offener Fragen zum Betrieb, zur Entsorgung des Atommülls und zur Gefahr eines Atomunfalls.

Daran hat sich bis heute grundsätzlich nichts geändert. Aber mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind neue Herausforderungen für eine gesicherte Energieversorgung entstanden. In dieser schwierigen Situation eine verfügbare Stromquelle übergangsweise noch weiter zu nutzen, hätte ich für vertretbar gehalten.

"Ich kann mich noch gut an die Anti-Atomkraft-Demonstrationen erinnern, an denen ich teilgenommen habe."Elisabeth Schlömer

Nicht zuletzt auch wegen der äußerst ehrgeizigen Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die Heizung von Gebäuden ganz überwiegend auf Wärmepumpen umzustellen. Hierfür werden aber enorme Mengen zusätzlicher elektrischer Leistung benötigt. Die Heizungen dann auch noch mindestens zu 65 Prozent mit regenerativer Energie zu betreiben, wäre selbst bei einem Umstellungszeitraum von 10 Jahren noch sehr ambitioniert. Diesen Zeitpunkt aber auf den 1. Januar nächsten Jahres zu setzen, halte ich geradezu für utopisch. Diese Pläne führen mit der ebenfalls propagierten Elektromobilität absehbar dazu, dass die „dreckigen“ und klimaschädlichen Stein- und Braunkohlekraftwerke wohl noch über ein Jahrzehnt laufen müssen, „damit die Lichter nicht ausgehen“. Für den anvisierten Klimaschutz ein Bärendienst!

Schon jetzt kann der Immobilienkonzern Vonovia viele im Rahmen eines im vergangenen Jahr aufgelegten Sonderprogramms installierte Wärmepumpen nicht in Betrieb nehmen. Wegen des fehlenden Netzausbaus steht für ihre Nutzung nicht genügend Strom zur Verfügung. Die vom Wirtschaftsminister angepeilte halbe Million neuer Wärmepumpen jährlich wird das Netz ohne Ausbau also mit Sicherheit nicht verkraften. Und wie lange Netzausbau dauern kann, sieht man an der geplanten 380-kV-Leitung durch den Landkreis Cloppenburg. Daran wird schon seit 10 Jahren „rumgedoktert“.

Die schöne neue Welt der Energiewende beschreibt für mich am zutreffendsten das Zitat des Kabarettisten Dieter Nuhr: „Die Politik wird für uns Komiker immer mehr zur echten Konkurrenz!“


Zur Person:

  • Elisabeth Schlömer wohnt in Cloppenburg.
  • Sie war Leiterin des Ludgerus-Werkes Lohne bis zu ihrem Ruhestand 2019. Momentan ist sie ehrenamtlich tätig bei den „Machern – zu jung um alt zu sein“.
  • Die Autorin erreichen Sie unter: redaktion@om-medien.de.

Das neue E-Paper ist da: Mit einem deutlich besseren Lesekomfort inkl. Vorlesefunktion, täglichen Rätseln und einer Audiothek. Ab sofort erhältlich unter mein.om-online.de oder im App-Store bzw. Google-Playstore.  

Das könnte Sie auch interessieren

Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen

Atomkraft – ja bitte? - OM online