In der Flugblatt-Affäre von Hubert Aiwanger sind noch viele Fragen offen. Der Bundesvorsitzende der Freien Wähler und bayerische Wirtschaftsminister Aiwanger selbst hätte die Chance gehabt, Antworten zu liefern. Es drängt sich dieser Verdacht auf: Er scheint darauf zu setzen, dass die ganze Wahrheit nicht mehr herauszufinden ist – stammt das antisemitische Flugblatt doch aus der Zeit, als er die 11. Jahrgangsstufe seines Gymnasiums besuchte.
Der heute 52-Jährige, der sich als Populist geriert, macht seinen Wahlkampf weiter – als sei schon alles aus der Welt. Denn sein Bruder (der dieselbe Schulklasse besuchte) meldete sich und berichtete, er sei der Verfasser gewesen. Er distanziere sich nun in jeglicher Hinsicht. Auch das klingt etwas dürr angesichts der Tat.
Auch Söder sollte auf mehr Aufklärung drängen
In dem Flugblatt ging es um einen fiktiven „Bundeswettbewerb“, bei dem „Vaterlandsverräter“ aufgefordert werden, „sich im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch“ zu melden. Zu den „Preisen“ gehört „Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz“. Wer so etwas in Umlauf bringt, hat ein massives Problem mit seinem Geschichts- und Menschenverständnis – und mit seinem Charakter.
Hubert Aiwanger ließ über einen Sprecher mitteilen: In seinem Ranzen seien „ein oder wenige Exemplare“ des Papiers „gefunden“ worden. Er erachte den Inhalt als „ekelhaft und menschenverachtend“.
Das soll genügen? Warum waren Flugblätter im Ranzen? Hat er beim Verteilen mitgemacht? Was ist damals genau geschehen? Fest steht: Was Aiwanger bisher dazu bekannt gab, reicht nicht. Und es wäre erforderlich, dass das auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ausspricht – und nicht nur die Opposition.