Wortsalat und andere Delikatessen
Kolumne: Batke dichtet – Die Deutsche Sprache ist besonders. Das beste Beispiel dafür ist der Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän.
Alfons Batke | 07.07.2023
Kolumne: Batke dichtet – Die Deutsche Sprache ist besonders. Das beste Beispiel dafür ist der Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän.
Alfons Batke | 07.07.2023
Neulich am Frühstückstisch: Ich hatte gerade herzhaft in mein mit Avocado- und Radieschenscheiben belegtes Dinkelbrötchen gebissen, da las ich in meiner Heimatzeitung dieses: „Pro Wald fordert ein Klimafolgenanpassungskonzept“. „Wow“, dachte ich und hatte Mühe, ein Avocadostück vor dem Sturz in den Kaffeebecher zu retten, „das muss etwas Großes sein, ein Klimafolgenanpassungskonzept.“ Auf jeden Fall ist es ein Wort-Ungetüm und liefert den Anlass, sich mit diesem typisch deutschen Phänomen etwas näher zu befassen. Mit Vergnügen erinnere ich mich an einen lustigen Grillabend im australischen Melbourne. Wir hatten Spaß daran, uns über die Eigenheiten unserer Sprachen auszutauschen. Den Gastgebern war nicht unbekannt, dass wir Deutschen dazu neigen, komplexe Sachverhalte in Bandwurmwörter zu verpacken. Geradezu entzückt waren sie, als ich den Klassiker „Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän“ in die Runde warf. Ich musste den Begriff schriftlich niederlegen, alle versuchten ihn nachzusprechen, was sich recht putzig anhörte – zumal auch landesübliche Erfrischungsgetränke gereicht wurden. So recht hinbekommen hat es niemand, immerhin versuchte Grillmeister Allister, im richtigen Leben als Fluglotse im Einsatz, zu ergründen, was sich hinter dem sperrigen Begriff verbirgt. Als ich ihm die Zusammenhänge erklärte, brachte er es für seine Landsleute auf den Punkt: „Well, it's a Riverboat-Skipper.“ Nun, die Australier lieben es halt etwas prägnanter, auf jeden Fall kürzer. Ihre Grillfeste heißen „Barbecues“, der Volksmund kürzt das ohnehin schon recht knappe Wort in Schriftform als „BBQ“ ab. Für den mitunter recht komplexen Vorgang der Morgentoilette („Shower, Shave, Shit & Shampoo“) hat man sich auf „4S“ verständigt, die beliebtesten Biersorten firmieren unter den Kürzeln „VB“ und „XXXX“. Um noch einmal den erwähnten Donaukapitän aufzugreifen: Er brachte es auch im Schlagerwesen zu einiger Berühmtheit und wurde einst in voller Namenspracht vom Italo-Schweizer Vico Torriani besungen. Und echte Experten wissen, dass auch die Norwegerin Wencke Myhre zungenbrecherisch unterwegs war, als sie uns 1968 mit dem „Dingdongbamalamasingsongteenyweenyflowerpowerkleid“ verstörte und nicht nur textile Rätsel aufgab. Immerhin ein Lied für die gute Laune, die sicherlich am Wochenende auch auf dem zweitgrößten Volksfest dieser Region nach dem Stoppelmarkt, dem Lohner Schützenfest, herrschen wird. Für "Regimentsbefehlsverweigerungsfirlefanz", um noch einmal das Thema Wortsalat aufzugreifen, wird kaum Zeit bleiben, dafür sind die Lohner Schützen einfach zu sittsam und diszipliniert. Wie auch jene Kompanie, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen feiert und einst die choreografisch anspruchsvolle Marschformation namens „Schildkröte“ erfand. Die Jungs werden wieder ihren Spaß haben, wenn sie zum kürzesten Song aller Zeiten ansetzen. Der geht so: „Bei-hei dir sein. Lied aus!“"Für 'Regimentsbefehlsverweigerungsfirlefanz', um noch einmal das Thema Wortsalat aufzugreifen, wird kaum Zeit bleiben, dafür sind die Lohner Schützen einfach zu sittsam und diszipliniert."Alfons Batke
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