Seien wir ehrlich: Wir haben weder den Brocken noch die Skigebiete des Harzes, bei uns blüht keine Heide, und Wattwanderungen lassen sich höchstens an trockenen Sommern am Dümmer mehr schlecht als recht nachahmen. Oder um es mit den Worten unseres leider schon verstorbenen Kollegen Damian Ryschka zu sagen: "Aus Schweineohren kannst du keine Gucci-Handtaschen nähen."
Das Oldenburger Münsterland sollte also damit werben, was es wirklich hat. Authentizität lautet das Stichwort, das Werber so gerne in den Mund nehmen, aber selten wirklich umsetzen. Dafür müssten sie nicht einmal "Güllegürtel" sagen. Unser Claim – fachchinesisch für Werbespruch – wäre folgender: "Unser Oldenburger Münsterland – wo das Land noch nach Land duftet." Das ist ehrlich, da kann sich jeder was drunter vorstellen. Und welche Gegend kann sowas schon von sich behaupten?!
"Lieber langweilen in Langwege als dumm rumstehen in Diepholz."Stefan Freiwald
Wir sollten auch die Herzlichkeit der Einheimischen bei unserer Kampagne berücksichtigen. Wie wäre es mit: "Unsere Dorfkneipen – komm als Fremder, geh als voller Freund!" Zugreisende könnten wir schon am Bahnhof mit dem Spruch begrüßen: "Hier bekommst du Zeit für deinen Aufenthalt!"
Überhaupt ist Entschleunigung das Thema dieser hektischen Zeit. "Oldenburger Münsterland: Mach einfach mal nix!". Oder: "Lieber langweilen in Langwege als dumm rumstehen in Diepholz."
Für aktive Städtetouristen gibt es hingegen gleich mehrere Highlights in unseren pulsierenden Metropolen: "Shopping in Vechta: Mit dem Auto in die Umkleide." Und: "Radfahren in Cloppenburg: Immer ein Abenteuer wert."
Vergessen wir auch nicht die Sehenswürdigkeiten dieses schönen Landstrichs zwischen Talsperre und Dümmer. In Cloppenburg können Touristen die einzige baufällige Viehauktionshalle Deutschlands besichtigen (besser aber nicht zu nah rangehen, Einsturzgefahr). Bei einer Radtour entlang der Felder lässt sich ausgeprägte Stallarchitektur bewundern. Und in Lohne gibt es den schönsten Brunnen weit und breit (aber Achtung: Um "Ego Lohne" zu bestaunen, müssen Sie vom Parkplatz bis zu 100 Meter zu Fuß gehen.).
Nur Vechta ist seit 1 oder 2 Jahren um eine Attraktion ärmer: Der einzige befahrbare Weihnachtsmarkt der Welt ist für Autos inzwischen leider gesperrt. Aber das macht nix. Unsere Golden-Gels-Brücke kann locker mit vergleichbaren Bauwerken in San Francisco, Istanbul und Lissabon mithalten. Nur unsere Brücke ist nachhaltiger: Es dürfen nur Fußgänger und Radfahrer (bitte Gangschaltung benutzen) die Rampe hinauf.
Und wenn wir dann so weit sind, dass wir uns in der Werbung wirklich authentisch gemacht haben, dürfen wir mit unseren Werbesprüchen einen Schritt weitergehen: "Wir können alles, außer ironisch."
Zur Person:
- Stefan Freiwald (48) ist Redakteur und betreibt ein Büro für Journalismus, PR & Nachhaltigkeit in Vechta. Er lebt mit seiner Familie in Oythe.
- Den Autor erreichen Sie per E-Mail unter redaktion@om-medien.de.