Nur 4 Tage arbeiten, dann ein verlängertes Wochenende genießen: Für Langschläfer sind Kar- und Osterwoche ein willkommenes Fest. Über das Schlafen habe ich mir mehr als 3 Jahrzehnte eher wenig Gedanken gemacht. Wenn ich aufstehen musste (zum Kindergarten, zur Schule, zur Arbeit), dann gelang mir das meistens so reibungslos, wie meinem Gegenspieler den Fußball abzugrätschen. Etwas anders sah es während des Studiums aus. Dann war die 12-Uhr-Vorlesung zur Politischen Theorie bei Professor Czada eben doch häufiger nur Theorie. Man könnte es auch so formulieren: Weber, Luhmann und Dahrendorf habe ich absichtlich verschlafen.
"Sohnemann hat mehr Einfluss auf die Nachtruhe als ein feucht-fröhlicher Abend mit einem halben Dutzend der geliebten White Russian."Frederik Böckmann
Eine ganz andere Bedeutung hat das Schlafen aber seit 18 Monaten. Nicht, weil meine bessere Hälfte plötzlich eine andere Schlaftaktik gewählt hat. Im Gegenteil: Sie schläft so eingeigelt-ruhig auf ihrer Seite, wie ich sie schätzen und lieben gelernt habe. Sondern wegen des jüngsten Familienmitgliedes. Sohnemann hat nämlich mehr Einfluss auf die Nachtruhe als ein feucht-fröhlicher Abend mit einem halben Dutzend der geliebten White Russian. Denn irgendein kleines Bedürfnis hat der Nachwuchs immer. Dann sind Mama und Papa als Durstlöscher, Windel-Wechsler oder Kuschel-Partner gefragt – und der erhoffte Durchschlaf-Modus erhält eine mal wieder kleinere oder größere Delle.
Schlafmangel als moderne Foltermethode? Mal gehört, aber eher belächelt als für bierernst genommen. Doch als junger Vater ändern sich gewisse Sichtweisen. Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Nachwuchs zu bekommen, ist die beste Entscheidung. Das werden sicherlich alle Eltern, die diese Zeilen lesen, bestätigen können. Doch der kluge Ratschlag von Experten aus der Babybranche "Schlafe, wenn dein Kind schläft" hält dem Realitäts-Check für arbeitende Eltern indes nicht stand.
Erst Hüftgold, dann graue Haare – und jetzt noch Augenringe
Wenn Sohnemann seinen morgendlichen Power-Nap macht, ist die erste Redaktionskonferenz. Wenn der Nachwuchs Mittagsschlaf macht, haue ich die ersten Zeilen in die Tasten. Also abends eher schlafen gehen? Klar, das ist eine Idee. Aber kaum umsetzbar. Tennis-Training? Fußball-Spiele? Um den Haushalt kümmern? Mit der Liebsten quatschen? Die neueste Episode der Lieblingsserie gucken? Auch das gehört zum Alltag (die "Herr-der-Ringe-"-Extended-Version gucken gerade eher weniger) und sorgt für spätere Schlafgehzeiten.
Die Konsequenz: Neben etwas mehr oder weniger verstecktem Hüftgold und grauen Haaren habe ich nun mit Ende 30 auch noch vermehrt durch Schlafdefizite verursachte Augenringe. Herrjemine. Also, liebe Politiker, Kulturschaffende, Vereinsmenschen: Wenn wir uns demnächst treffen und Sie vermuten, ich sei nach einer durchzechten Nacht gerade erst aus dem Bett gestiegen, haben Sie etwas Nachsicht. Denn dann war ich in den Stunden zuvor wahrscheinlich kein Feierbiest – sondern einfach nur Papa.