„Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie!“ (Joh 8, 7b) Mit diesen Worten hat Jesus von Nazareth vor 2000 Jahren seine Widersacher, die Pharisäer, mundtot gemacht. Sie hatten Jesus aufgefordert, eine Frau zum Tod durch Steinigung zu verurteilen, weil sie Ehebruch begangen habe.
Mir kam dieser Satz Jesu in den Sinn, als ich in den letzten Tagen in den Medien über „arrogantes“ und „völlig unangemessenes“ Verhalten von Charles III. – des neuen britischen Königs – las. Da hatten unzählige Kamera-Augen, die den König auf Schritt und Tritt verfolgten, eingefangen, dass der Monarch mit bösen Blicken und herrischen Gesten seine „Dienstboten“ anwies, Schreibutensilien wegzuräumen, die ihn beim Unterschreiben von Dokumenten störten.
Minuten später standen die Bilder vom angeblichen königlichen „Fauxpas“ in den sozialen Netzen. Sage und schreibe 23 Millionen Mal wurde das entsprechende Video auf Twitter aufgerufen und mit Häme und beißender Kritik kommentiert. In etlichen Kommentaren hieß das Urteil: dieser Mensch taugt nicht als König, er ist fehl am Platz.
Ich bin kein Royalist und bringe Charles III. keine außergewöhnlichen Sympathien entgegen. Aber spontan gilt ihm mein Mitgefühl als Mensch, der er ja doch auch als König geblieben ist. Ein Mensch wird verurteilt und abgeschrieben, weil er einen Fehler gemacht hat.
"Einen Menschen zu verurteilen und abzuschreiben, nur weil er einmal einen Fehler macht, das empfinde ich als zutiefst unchristlich!"Pater Karl Gierse
Fehler zu machen, ist menschlich. Ich mache Fehler. Sie (mit großer Wahrscheinlichkeit) auch. Wichtig ist doch, aus ihnen zu lernen und zu versuchen, sie zukünftig zu vermeiden. Einen Menschen zu verurteilen und abzuschreiben, nur weil er einmal einen Fehler macht, das empfinde ich als zutiefst unchristlich!
Dabei steht mir das Verhalten Jesu vor Augen, das er in der anfangs angesprochenen Szene gezeigt hat. Trotz des Fehlers, den die Frau begangen hat, sagt der Herr zu ihr: „Ich verurteile dich nicht. Geh, und sündige in Zukunft nicht mehr.
Laschets Lachen im Moment der Trauer und die Medien
Ein warnendes Beispiel dafür, welch schlimme Konsequenzen die mediale Verurteilung eines einmaligen „Fauxpas“ für einen Menschen haben kann, ist für mich „der Fall“ Armin Laschet. Sein sicherlich unangemessenes Lachen in einem Moment der Trauer, von den Kameras eingefangen und medial in die Welt übertragen, es hat das Ende seiner politischen Karriere bedeutet und sicherlich persönliche Wunden geschlagen.
Wir leben in einer Medienwelt. Nutzen und genießen wir ihre Vorteile. Seien wir uns aber auch ihrer Gefahren bewusst. Ein einzelner Fehler, den ein Mensch begangen hat, er sollte nicht über sein Lebensglück entscheiden!
Zur Person
- Karl Gierse ist Prior des Vechtaer Dominikanerkonventes.
- Er wirkt in verschiedenen Bereichen der Seelsorge in Vechta und im Oldenburger Land.
- Den Autor erreichen Sie per E-Mail an redaktion@om-medien.de.