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Wenn RTL biblisch ist

Kolumne: Auf ein Wort – Gott will nicht will, dass wir auf dem heimischen Sofa zu Voyeuren werden, die sich daran ergötzen, wenn andere im Dreck liegen. Im Gegenteil: "Holt sie alle da raus!"

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„Oh, das klingt ja schräg“, dachte ich beim Eingangslied zum 125-jährigen Jubiläum des Deutschen Caritasverbandes. Die Augen und Gedanken vor dem Computer noch auf anderes gerichtet und nur mit den Ohren beim Gottesdienst, der gerade anfängt. Dann blitzartig und mit schlechtem Gewissen mein Respekt: In der Band bei der Eucharistiefeier in Berlin mit Bischof Bätzing, dem Chef der deutschen Bischofskonferenz, singen auch Menschen mit Behinderung. Und das mit Freude.

Szenenwechsel: Bei Gottesdiensten in der Benediktinerabtei Münsterschwarzach erlebt der Besucher, je nachdem wer zelebriert, ab und an Mönche, deren Gesang am Mikro dünn ist, schwach. Der klingt, als ob der Sänger es nicht bis zum Ende schaffen würde. So, wie es die Stimme seines Alters oder seiner Tagesform morgens um 5.30 Uhr eben hergibt.

2 gute Beispiele für das, was der Herrgott, schüttelt man die Bibel aus und kehrt das Zentrale zusammen, will: Nicht die oder den Starken, Perfekten, Strahlenden, Geschminkten, sondern das Ehrliche, Gebrochene, Schwache, Echte.

Die Jubiläums-Location des Caritas-Jubiläums hat zum katholischen Wohlfahrtsverband gepasst: eine Kirche mit blanken Mauersteinen, unverfugt, brüchig wirkend.

"Gott will nicht will, dass wir auf dem heimischen Sofa zu Voyeuren werden, die sich daran ergötzen, wenn andere im Dreck liegen oder das gar noch filmen."Dietmar Kattinger

Und noch mal die Bibel auf den Tisch geklopft und den Kern herausgeschüttelt: Das Gebrochene will Gott zum Glänzen bringen. Auf keinen Fall will er das Kraftlose weiter schwächen oder in den Dreck ziehen – so wie wenn mehrere junge Mädchen meinen, eine 13-Jährige aus welchen Gründen auch immer niedermachen zu müssen.

Oder so, wie es Menschen mit sich machen lassen – und nein: Ich habe nach wenigen Sekunden weitergezappt, weil ich es eklig und menschenunwürdig finde – die ein Star sein wollen und in ein RTL-Dschungelcamp ziehen. Die dafür Würmer auf ihrem Körper ertragen, um dann zu sagen „Holt mich hier raus“.

Was hat das mit mir als Leserin und Leser zu tun, mögen Sie fragen? Ich glaube, dass die Bibel uns allen die Rolle zuteilt, andere rauszuholen aus den Niederungen und dem Dreck, welcher Art auch immer. Uns die Rolle zuweist, die die Frau wahrgenommen hat, in dem sie die Schlägerinnen aus Lohne auseinanderbringen wollte.

Gott will nicht will, dass wir auf dem heimischen Sofa zu Voyeuren werden, die sich daran ergötzen, wenn andere im Dreck liegen oder das gar noch filmen. Im Gegenteil: „Holt sie alle da raus!“ – Ein wahrhaft biblischer Satz!


Zur Person:

  • Dietmar Kattinger ist Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landes-Caritasverbandes in Vechta.
  • Sie erreichen den Autor per E-Mail unter redaktion@om-medien.de.

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