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Wenn die Rosen erblühen in Malaga

Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Das Ziel war eine Auszeit unter der spanischen Sonne. Der Weg dorthin ist beschwerlich und das Ziel am Ende irgendwie doch ein anderes.

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Ich gestehe: Ich wollte fliehen. Ich wollte nichts mehr hören vom Krieg, von Corona und Schröder, wollte Sonne und Gastfreundlichkeit und abends am Strand eines dieser herrlich leichten spanischen Biere, bei malerischem Sonnenuntergang und gepflegten 18 Grad um 20 Uhr. Da reichen die spanischen Barkeeper schon Decken, weil es so kalt ist.

Das echte Leben aber holte mich schon am ersten Reisetag ein. Ab Bremen fliegt nichts mehr direkt nach Malaga, auch die Flughäfen Hannover und Münster strengen sich nicht mehr an. Da muss man dann nach Hamburg und auch schon 2 Stunden vorm Abflug da sein. Die Fluggesellschaft empfiehlt wegen Covid gar 3 Stunden Vorlauf. Das war mir denn aber doch zu viel.

Der Check-in wie üblich ziemlich entwürdigend: Man wird weggeschoben, hingeschoben, durchgeschoben wie der letzte Dorftrottel, ärgert sich über machtversessene Sicherheitskontrolleure und unverschämte Fragen und bewundert gedankenverlorene Mitreisende, die allen Ernstes ein Kartoffelschälmesser in der Handtasche mit sich führen. Das Opfer wurde sogleich in die Spezialkabine bestellt, weil der Metalldetektor zu Recht aufheulte.

"Einer der bedrängten Urlauber findet den Warteraum angesichts der Pandemie zu voll. 'Wenn Sie das so eng sehen, müssen Sie halt nicht fliegen', maßregelt die Befehlshabende, es kommt zu Tumulten."Christian Bitter

Am Gate sodann die frohe Zusammenkunft von 180 Passagieren, die allesamt in 3 Minuten in die 737 einsteigen möchten. Geknurre, Gedränge, Gemaule und ein älteres Ehepaar mit Bildzeitung. Der Senior empfiehlt kleinlaut den internationalen Einmarsch ins russische Staatsgebiet und den sofortigen Einsatz deutscher Flugzeugträger, die aber leider nicht zur Verfügung stehen, weil wir gar keine haben. Und müssen wir nicht eigentlich noch Masken tragen?

Natürlich gilt die Maskenpflicht und alle Zehntausend halten Abstand – außer die Fluglinie selbst, deren uniformierte Bodentruppe zur Eile drängt. "Los, los, rein da, machen Sie schon", keift die zuständige Boarderin. Einer der bedrängten Urlauber findet den Warteraum angesichts der Pandemie zu voll. "Wenn Sie das so eng sehen, müssen Sie halt nicht fliegen", maßregelt die Befehlshabende, es kommt zu Tumulten. Gottlob öffnet die Maschine vor der Revolution ihre Türen.

In Malaga dann ist der bestellte Miet-Fiat noch nicht da, man kommt zu spät am Urlaubsort an, der Schlüssel wurde auch noch vergessen, das Wetter ist so lala. Wir haben fast 10 Stunden für die Anreise verbaselt und lassen den Abend versöhnlich ausklingen am Mittelmeer. Die Hafenkneipe ist seltsam leer, ein passionierter Golfer am Nebentisch wird nachdenklich. Er stammt aus Deutschland, wohnt seit 40 Jahren an der Costa del Sol und hat meist mit britischen Urlaubern zu tun: "Hier spielt der Ukraine-Krieg überhaupt keine Rolle", sagt er und schimpft auf entpolitisierte Andalusier, rotversonnenbrannte Engländer und sowieso und überhaupt. Aber ist das nicht genau das, was ich suchte?

Nun, ich fand es nicht.


Zur Person:

  • Christian Bitter ist Chef der Werbeagentur Bitter & Co. in Calveslage.
  • Er studierte Germanistik und war Leiter der Werbe-Redaktion der OV.
  • Den Autor erreichen Sie per E-Mail an: redaktion@om-medien.de

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