Weißer Ring hilft Opfern aus der Not
Die Außenstelle Cloppenburg macht am "Tag der Kriminalitätsopfer" auf sich aufmerksam. Gerd Dumstorff erzählt von der Arbeit im Nordkreis.
Claudia Wimberg | 22.03.2023
Die Außenstelle Cloppenburg macht am "Tag der Kriminalitätsopfer" auf sich aufmerksam. Gerd Dumstorff erzählt von der Arbeit im Nordkreis.
Claudia Wimberg | 22.03.2023
Deutliches Signal: Für seine bundesweite Kampagne „Mach dich laut“ gegen Gewalt an Frauen konnte der „Weiße Ring“ auch auf prominente Unterstützung zählen. Foto: Viktor Strasse/Photography
Die schicke Fassade gleicht einer Festung. Keine Spannungen, keine Risse, sondern ein scheinbar perfektes Familienleben. Der Ehemann gibt sich vor Nachbarn und Freunden treusorgend, er ist freundlich und verlässlich im Beruf und wird in Vereinen als Stimmungsmacher geschätzt. Schließen sich allerdings die Türen des gepflegten Eigenheims schlägt er zu. Sein Opfer: seine Frau. Jahrelang erträgt sie die Erniedrigungen, Tritte und Ohrfeigen, bis sie endlich den Mut fasst, sich aus dieser Hölle zu befreien. Sie wendet sich an den „Weißen Ring“ und damit an Gerd Dumstorff, der als Mitarbeiter der Außenstelle Cloppenburg für den Nordkreis, in dem sie wohnt, zuständig ist. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen möchte der Friesoyther am „Tag der Kriminalitätsopfer“ (22. März) auf die Arbeit von Deutschlands größter Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität verstärkt aufmerksam machen. „Für Täter gibt es zahlreiche spezialisierte Behörden, für die Opfer nicht“, weiß der 70-Jährige, der bis zu seiner Pensionierung 2017 als Direktor des Technischen Polizeiamtes des Landes Sachsen-Anhalt tätig war. Als erfahrener Verwaltungsbeamter kennt er sich mit den bürokratischen Strukturen aus und versteht sich seit 6 Jahren als Lotse, der in erster Linie Frauen durch die Zuständigkeiten begleitet, über Rechte und Entschädigungen aufklärt, Vertrauen schafft und zuhört. Häusliche Gewalt in allen gesellschaftlichen Schichten beherrscht maßgeblich sein Ehrenamt, „die Zahlen sind auch bei uns nicht niedrig, die Dunkelziffer ist aber extrem hoch“, betont Dumstorff, der sich darüber hinaus mit sexuellem Missbrauch an Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen sowie mit Trickbetrug auseinandersetzt. Dass sich Betroffene melden, sei ein langer Prozess. Scham, Angst und „das Gefühl, selbst schuld zu sein“ hinderten sie, sich jemandem anzuvertrauen. Doch Schweigen mache schutzlos und schütze die Täter, appelliert der „Weiße Ring“ an Leidtragende, zum Hörer zu greifen. Die Organisation hilft direkt, ist bundesweit vernetzt und arbeitet mit verschiedenen Beratungsstellen zusammen. Bei der Unterstützung wird nichts diktiert. „Wer Gewalt erfährt oder geschädigt wurde, dem raten wir selbstverständlich, Anzeige zu erstatten, aber es bleibt seine Entscheidung“, informiert der Ansprechpartner, der für seine Aufgaben speziell ausgebildet wurde und mit seinen Klienten auch zu Behörden, Polizei und Gerichtsterminen fährt. Viele Entwicklungen seien insgesamt angestoßen und Erfolge erzielt worden, doch Kritik übt der gemeinnützige Verein an der staatlichen Förderung. So sei allein 2021 fast jeder zweite Antrag auf Hilfe nach dem Opferentschädigungsgesetz abgelehnt worden. „Da geht es um Beweise, Anerkennung, Glaubwürdigkeit und lange, komplizierte Verfahren“, bemängelt Dumstorff. Am Ende werden die Antragsteller dann vielfach abgestempelt und der Fall landet in den Akten. Diesen Missstand gelte es weiterhin anzuprangern, damit Frauen, Männer und Kinder auch vor wirtschaftlichen und gesundheitlichen Nachteilen geschützt werden. Menschen grundsätzlich zu helfen, aus der Opferrolle herauszukommen, bleibt für den Friesoyther und seine Mitstreiter auch künftig der entscheidende Antrieb ihrer Arbeit. Ihnen möchten sie eine Stimme geben und das Bewusstsein für ihre Belange in der Öffentlichkeit schärfen.Hilfe suchen, ist oft ein langer Prozess
Fakten:
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